In welchen Fällen ist der Ehegattenunterhalt verwirkt?
Der § 1561 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) regelt das Recht auf Trennungsunterhalt. Dieser entsteht, sobald die Ehepartner die häusliche Haushaltsgemeinschaft aufgelöst haben und das Trennungsjahr beginnt. Mit dem rechtskräftigen Scheidungsurteil erlischt das Recht auf Trennungsunterhalt. Abgelöst wird es von dem Recht auf den nachehelichen Ehegattenunterhalt. Dieses kann nach § 1569 BGB allerdings nur gegen den einen ehemaligen Partner geltend gemacht werden, wenn der andere nicht dazu in der Lage ist, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen.
Die Ansprüche auf Trennungsunterhalt und den nachehelichen Ehegattenunterhalt lassen sich vor Gesetz und Gericht nur durchsetzen, solange noch keine Verjährung eingetreten ist. Überdies ist die Vorschrift des § 1579 BGB zu beachten. Hier hat der Gesetzgeber die Fälle aufgeführt, die zur Verwirkung des Ehegattenunterhalts führen.
Was bedeutet die Verwirkung des Ehegattenunterhalts?
Hat ein Ehepartner seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Ehegattenunterhalt verwirkt, kann er seine Ansprüche gegenüber dem ehemaligen Ehepartner unter Umständen nicht mehr durchsetzen. § 1579 BGB führt die Fälle auf, die zu einer Verwirkung des Anspruchs führen.
Kommt § 1579 BGB bei einer kurzen Ehedauer zur Anwendung?
Als kurz definiert der Gesetzgeber eine Ehe, wenn zwischen dem Datum der standesamtlichen Hochzeit und der Zustellung des Scheidungsantrages ein Zeitraum von unter drei Jahren liegt. § 1579 Nr. 1 BGB nennt dies als zwingenden Grund dafür, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt oder den nachehelichen Ehegattenunterhalt verwirkt ist. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs sind aber auch die Umstände des Einzelfalls zu würdigen.
Die Verwirkung des Trennungsunterhalts wird im Fall einer kurzen Ehedauer zudem von der Vorschrift des§ 1570 BGB abhängig gemacht. Pflegt ein geschiedener Ehegatte ein gemeinsames Kind allein, kann er von der Geburt des Kindes an für die nächsten drei Jahre Unterhalt von dem anderen Ehepartner verlangen.
Führt eine neue verfestigte Lebensgemeinschaft zur Verwirkung des Trennungsunterhalts?
Lernt der unterhaltsberechtigte Ex-Ehegatte einen neuen Partner kennen und geht er mit dieser eine verfestigte Lebensgemeinschaft ein, führt dies gemäß § 1579 Nr. 2 BGB zu einer Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt.
Das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft unterstellt der Gesetzgeber, wenn der unterhaltsberechtigte oder bedürftige Teil der ehemaligen Ehegemeinschaft einen neuen Partner findet und mit diesem in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt. Voraussetzung für die Durchsetzung des Anspruchs ist hier aber auch, dass die eheähnliche Lebensgemeinschaft über einen kurzen Zeitraum hinaus besteht.
Verwirkung des Anspruchs auf nachehelichen Ehegattenunterhalt bei Vorliegen einer Straftat
Hat eine unterhaltsberechtigte Person ihren Ex-Ehegatten bestohlen oder kann dieser ihr eine andere Straftat vorwerfen, die gegenüber ihr oder einer nahestehenden Person begangen wurde, stellt das Verhalten ein Tatbestandsmerkmal des § 1579 Nr. 3 BGB dar. Neben den straf- und zivilrechtlichen Ansprüchen – z. B. Schmerzensgeld – kommt hier auch eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt in Betracht.
Die Anspruchsgrundlage setzt allerdings voraus, dass die Straftat auf ein schuldhaftes Verhalten zurückzuführen ist. Dies ist z. B. der Fall, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht hat oder im Unterhaltsprozess durch das Vorlegen falscher Beweise oder unwahrer Behauptungen aufgefallen ist.
Kann eine unterhaltsberechtigte Person dagegen glaubhaft machen, dass sie den Ex-Ehegatten in nicht absichtlicher Weise verletzt oder in anderer Weise geschädigt hat, findet § 1579 Nr. 3 BGB keine Anwendung.
Beurteilung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt bei einem Mitverschulden des Bedürftigen
Trägt eine unterhaltsberechtigte Frau dazu bei, dass sie sich nicht mehr selbst versorgen kann und bedürftig wird, kann ein aus der ehelichen Verbindung heraus verpflichteter Ex-Ehemann unter Umständen die Zahlung des Trennungsunterhalts gemäß § 1579 Nr. 4 BGB reduzieren oder sogar in vollem Umfang vermeiden.
Zu den Tatbeständen, die zu einer Anwendung der Anspruchsgrundlage führen, gehört z. B. die Aufgabe einer beruflichen Tätigkeit. § 1579 Nr. 4 BGB kommt hier aber nur zum Zug, wenn die unterhaltsberechtigte Person es unterlässt, sich durch Bewerbungen eine neue Anstellung zu suchen. Ebenso kann das vorzeitige Beenden einer Ausbildung oder das Ausgeben von Geld in verschwenderischer Weise dazu führen, dass eine unterhaltsverpflichtete Person nach § 1579 Nr. 4 BGB nicht zur Zahlung von Trennungsunterhalt oder nachehelichem Unterhalt verpflichtet wird.
§ 1579 Nr. 4 BGB fordert, dass die Bedürftigkeit der unterhaltsberechtigten Person mutwillig herbeigeführt wurde. Dieses Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn die bedürftige Lage vorsätzlich herbeigeführt wurde.
Ist Alkohol- oder Drogensucht im Spiel, kommt eine Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach § 159 Nr. 4 BGB nur in Betracht, wenn die unterhaltsberechtigte Person an einer Suchtbehandlung teilnimmt und diese nach der Trennung von ihrem Partner abbricht. Auch wenn die unterhaltsberechtigte Person sich weigert, an einer erfolgsversprechenden Heilbehandlung oder Therapie teilzunehmen, kann der unterhaltsverpflichtete Teil seinen Nutzen aus § 1579 Nr. 4 BGB ziehen. Das Gericht erkennt in diesem Fall an, dass der unterhaltsberechtigte Teil seinen Anspruch verwirkt hat.
Der unterhaltsberechtigte Partner setzt sich mutwillig über schwerwiegende Vermögensinteressen des anderen hinweg
Nimmt die unterhaltsberechtigte Person durch ihr Verhalten Einfluss auf schwerwiegende Vermögensinteressen der unterhaltsverpflichteten Person, und entsteht dieser hierdurch ein finanzieller Nachteil, kann ein Fall des § 1579 Nr. 5 BGB vorliegen. Der Gesetzgeber setzt voraus, dass die berechtigte Person besonders leichtfertig gehandelt hat und hierdurch mutwillig eine Verschlechterung der finanziellen Lage des anderen Teils herbeigeführt hat.
In den folgenden Fällen kann das Verhalten der unterhaltsberechtigten Person zu einer Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt führen:
- Eine unterhaltsberechtigte Frau weiß, dass ihr Ex-Ehegatte während der Krankschreibung bei seinem Arbeitgeber für einen anderen Unternehmer tätig wird und schwärzt diesen an.
- Eine selbstständige Unternehmerin wird von ihrem Ex-Ehemann in der Weise in ihren Vermögensinteressen geschädigt, dass dieser die Beziehung zu einem wichtigen Geschäftspartner durch gezielt falsche Informationen schädigt.
- Eine Frau bezichtigt ihren Ex-Ehemann einer Straftat, obwohl sie weiß, dass dieser unschuldig ist.
In allen drei Fällen setzen die Ankläger ihren rechtlich gefestigten Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt aufs Spiel. Je nachdem, wie schwerwiegend die Tatbestände sind, kommen eine Kürzung oder die vollständige Versagung der Zahlung zum Trennungsunterhalt in Betracht.
Die unterhaltsberechtigte Person hat seine Verpflichtung zum Familienunterhalt gröblich verletzt
Aus den §§ 1360 und 1361 BGB lässt sich die Verpflichtung der Ehegatten untereinander ableiten, sich während der Ehe angemessen zu unterhalten. Dies geschieht durch Arbeit und Vermögen oder durch Führung des Haushalts. Kommt eine unterhaltsberechtigte Person dieser Verpflichtung während der intakten Ehe nicht nach, kann dies zu einer Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt im Sinne des § 1579 Nr. 6 BGB führen. Der Gesetzgeber fordert aber, dass diese Pflichtverletzung vorsätzlich von der unterhaltsberechtigten Person herbeigeführt wurde. Kann der Haushalt z. B. wegen eines körperlichen Gebrechens der unterhaltsberechtigten Person nicht geführt werden, kann der Unterhaltsverpflichtete nach dem Scheitern der Ehe nicht geltend machen, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1579 Nr. 6 BGB verwirkt ist.
Verwirkung des Trennungsunterhalts bei Ehebruch und anderen schweren Verfehlungen
Die Vorschrift des § 1579 Nr. 7 BGB fordert ein schwerwiegendes einseitiges Fehlverhalten der unterhaltsberechtigten Person, damit der Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt verwirkt ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn offensichtliche Anzeichen erkennen lassen, dass die Ehe nicht mehr intakt ist. Umgangssprachlich ist hiermit der Ehebruch gemeint. § 1579 Nr. 7 BGB kann aber nur dann als Anspruchsgrundlage angeführt werden, wenn die Beziehung zu einem neuen Partner ursächlich dafür war, dass die Ehe gescheitert ist.
Der Tatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB ist überdies erfüllt, wenn der unterhaltsverpflichtete Teil dem unterhaltsberechtigten Partner intime Kontakte zu wechselnden Partnern nachweisen kann. Demnach muss es also nicht zur Begründung einer neuen Partnerschaft kommen, damit § 1579 Nr. 7 BGB zur Anwendung kommt.
Neben den bereits genannten Gründen können aber noch weitere Verhaltensweisen zu einem schwerwiegenden Fehlverhalten führen. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Mutter dem Vater den Umgang mit dem gemeinsamen Kind verbietet. Besteht sie bis zuletzt darauf, kann sie ihren Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt hierdurch verwirken.
Die Auffangtatbestände des § 1579 Nr. 8 BGB
§ 1579 Nr. 8 BGB nimmt weitere Gründe auf, die zu einer Verwirkung des Anspruchs auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt führen können. Mehrere Gerichte – u.a. das OLG Hamm und das OLG Celle – stellen für die Geltendmachung des Anspruchs auf eine objektive unzumutbare Belastung des verpflichteten Teils oder ein schwerwiegendes Fehlverhalten oder unterhaltsberechtigten Person ab.
Welche Rechtsfolgen lassen sich aus der Verwirkung ableiten?
Eintritt der Verwirkung bedeutet nicht, dass die unterhaltsberechtigte Person in vollem Umfang auf die Durchsetzung des Anspruchs verzichten muss. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls ist es möglich, dass der Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt zeitlich oder der Höhe nach beschränkt wird. Hiervon ist z. B. auszugehen, wenn aus der geschiedenen Ehe gemeinsame Kinder hervorgehen, die von der unterhaltsberechtigten Person versorgt werden.
Fazit
Der Recht auf Trennungsunterhalt ist im BGB gesetzlich geregelt. Es steht Ihnen zu, sobald Sie und Ihr Ex-Ehegatte die häusliche Lebensgemeinschaft aufgelöst haben und in das Trennungsjahr übergegangen sind.
Andererseits können Sie sich als verpflichteter Teil Ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Unterhalts entziehen oder die Zahlungen der Höhe nach einschränken, wenn der Anspruch verjährt ist oder einer der Gründe eingetreten ist, die der § 1579 BGB aufführt. Dies kann z. B. der Ehebruch oder eine begangene Straftat sein. Bei den gerichtlichen Entscheidungen werden auch immer die Umstände des Einzelfalls in das Urteil einbezogen.
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