Anfechtung eines Ehevertrages möglich?

Rechtsanwalt Gramm - Hannover
Rechtsanwalt & Strafverteiger Sascha Gramm

Eheleute haben die Möglichkeit, einen Ehevertrag zu schließen. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu erwähnen, dass der Abschluss eines Ehevertrages sowohl vor der Ehe als auch während der Ehe möglich ist. Damit ein Vertrag auch tatsächlich wirksam ist, ist die notarielle Beurkundung jedoch zwingend erforderlich. Ohne eine notarielle Beurkundung des Ehevertrages ist dieser unwirksam und entfaltet daher für den Fall der Ehescheidung keine Wirkung.

Ist ein Ehevertrag wirksam geschlossen, stellt sich in der Praxis häufig die Frage, ob der Ehevertrag für den Fall einer Ehescheidung grundsätzlich immer Anwendung findet. Insbesondere, wenn innerhalb des Vertrages Vereinbarungen getroffen sind, die offensichtlich einseitig eine Benachteiligung für einen Ehegatten bedeuten.

Sittenwidrigkeit – Anfechtung möglich?

Insbesondere solche Eheverträge, die als sittenwidrig einzustufen sind, sind von vornherein als unwirksam anzusehen bzw. können angefochten werden. Insbesondere ist ein Ehevertrag dann sittenwidrig und kann angefochten werden, wenn bei einer Vertragsunterzeichnung bei einem deutschen Notar die Unterlegenheit oder Abhängigkeit eines Ehegatten von dem anderen Ehegatten ausgenutzt wurde.

Vor allem ist das in den Fällen anzunehmen, in denen bei der Vertragsunterzeichnung die Ehefrau schwanger und dadurch finanziell und emotional von dem Ehemann abhängig war, sodass der Inhalt des Ehevertrages keinesfalls dann unterzeichnet worden wäre, wenn es diese Abhängigkeit nicht gegeben hätte.

Problematisch in diesem Zusammenhang ist jedoch, dass für den Fall, dass die Anfechtung eines solchen Ehevertrages erklärt wird, häufig das Familiengericht über die Wirksamkeit von Eheverträgen entscheiden muss. Die Beweislast, dass ein Ehevertrag sittenwidrig gewesen ist, liegt dabei zunächst bei der Person, die sich auf die Sittenwidrigkeit berufen möchte.

Auch ist ein Ehevertrag anfechtbar, wenn der Inhalt und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen für den unterzeichneten Ehegatten aufgrund des Bildungsstandes nicht nachvollziehbar gewesen ist.

Inhaltskontrolle des Ehevertrages – Familiengericht überprüft

Jeder Ehevertrag unterliegt einer sogenannten Inhaltskontrolle. Das oberste deutsche Gericht (BGH) hat dabei zunächst klargestellt, dass es den Eheleuten grundsätzlich freisteht, die gesetzlichen Regelungen über den Versorgungsausgleich, den nachehelichen Unterhalt und auch über den Zugewinn auszuschließen, jedoch mit der Maßgabe, dass keine einseitige Benachteiligung eines Ehegatten vorliegen darf.

Eine einseitige Benachteiligung liegt nach Ausführung des BGH vor allem dann vor, wenn in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechtes eingegriffen wird, dazu gehört in erster Linie der sogenannte Betreuungsunterhalt, d. h. ein Unterhalt für die Betreuung eines minderjährigen Kindes sowie ein Alters- und Krankheitsunterhalt.

Auch der Versorgungsausgleich kann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen nicht uneingeschränkt ausgeschlossen werden. Insbesondere in solchen Fällen, in denen ein Ehegatte schlichtweg innerhalb der Ehe gar nicht die Möglichkeit besitzt, Versorgungsanwartschaften aufzubauen und für den Fall der Ehescheidung sodann die sogenannte Altersarmut droht. In diesen Fällen wird das Familiengericht zu dem Ergebnis kommen, dass der Ehevertrag in sich unwirksam ist, sodass dieser angefochten werden kann.

Liegen offensichtlich Voraussetzungen vor, die den Ehevertrag als unwirksam darstellen könnten, so muss dieser angefochten werden.

Ehevertrag anfechten – Wie erfolgt eine wirksame Anfechtung?

Wichtig ist, sofern ein Ehegatte die Auffassung besitzt, dass der Ehevertrag unwirksam und anfechtbar ist, diese Anfechtung nicht erst nach der Ehescheidung erfolgen kann, sondern vor der Ehescheidung angefochten werden kann. Die Anfechtung erfolgt in diesem Zusammenhang durch eine Mitteilung gegenüber dem anderen Ehegatten. Die Anfechtung ist an keine Form gebunden. Auch kann ein Antrag zur Anfechtung des Ehevertrages formlos beim zuständigen Familiengericht gestellt werden. Innerhalb dieses Antrages ist zu begründen, wieso aus Sicht der anfechtenden Person der Ehevertrag als unwirksam anzusehen ist.

Sollte das Familiengericht die Auffassung teilen, so ist der Ehevertrag entsprechend unwirksam und die Ehegatten können sich auf den Inhalt nicht berufen.

Es ist daher ersichtlich, dass bei der Anfechtung eines Ehevertrages Fachkenntnisse eines Rechtsanwaltes im Familienrecht notwendig sind. Daher empfehlen wir Ihnen auf jeden Fall, einen Rechtsanwalt zu konsultieren, damit die Gültigkeit des Ehevertrages überprüft wird.

Gegebenenfalls kann sodann gerichtlich ein Antrag dahingehend gestellt werden, dass festgestellt wird, dass der Ehevertrag unwirksam ist.

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