Umgangsrecht der Großeltern und sonstiger Verwandtschaft
Kommt es zur Trennung eines Paares oder einer Scheidung, bei der auch Kinder involviert sind, betreffen die Änderungen nicht nur die kleine Familie. Es kommt häufig auch zu Veränderungen des Umgangs mit anderen Verwandten, insbesondere mit den Großeltern. Aber auch ohne eine Trennung oder Scheidung können Familienstreitigkeiten dazu führen, dass der Umgang der Kinder mit den Großeltern und anderen Verwandten eingeschränkt wird.
Es läuft nicht immer alles friedlich ab zwischen Eltern und Großeltern eines Kindes. Auch wenn das Kind sehr an seiner Oma und seinem Opa hängt, wenn es zu Streitigkeiten innerhalb der Familie kommt und die Erziehungsmethoden sich zu sehr unterscheiden, entfällt häufig erst einmal der Umgang des Kindes mit seinen Großeltern. Oftmals möchten die Mutter und der Vater den Kontakt unterbinden, um so auszuschließen, dass ihr Kind zu stark beeinflusst wird.
Unter bestimmten Umständen gibt es die Möglichkeit, dass Großeltern und andere Verwandte ihr Recht auf Umgang geltend machen.
Unterschied des elterlichen Umgangsrecht zu dem der Großeltern
Für Eltern besteht eine Berechtigung und sogar eine Verpflichtung zum Umgang mit ihren Kindern. Das Gesetz vermutet, dass dieser Umgang dem Kindeswohl entspricht. Ein Elternteil darf diesen Umgang nicht eigenmächtig einschränken, auch nicht, wenn ihm das alleinige Sorgerecht zusteht. Eine solche Einschränkung kann lediglich durch das zuständige Familiengericht erfolgen. Dabei ist eine Beschränkung des Umgangs aber nur in einem bestimmten Rahmen zulässig und nur in dem Maß anzuwenden, als dass dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Soll ein zeitweiliger oder gar ein dauerhafter Ausschluss des Umgangsrechts eines Elternteils erwirkt werden, ist dies nur zulässig, wenn eine Gefährdung des Kindeswohls gegeben ist. Es reicht also nicht aus, dass der Umgang dem Kindeswohl nicht dienlich ist, es muss eine konkrete Gefährdung vorliegen.
Der Unterschied zum großelterlichen Umgangsrecht liegt darin, dass es sich damit genau umgekehrt verhält. Sie dürfen nur Umgang mit ihrem Enkelkind haben, wenn dieser dem Kindeswohl dient.
Umgang des Kindes mit den Großeltern und anderen Verwandten
Grundsätzlich ist im Gesetz ein Umgangsrecht der Großeltern vorgesehen. Es ist zu gewähren, wenn es dem Wohl des Kindes dient (§ 1685 Abs. 1 BGB). Anders als im Falle der Kindeseltern, denen grundsätzlich ein Umgangsrecht mit ihrem Kind zusteht, bestehen Umgangsrechte der Großeltern sowie anderer Verwandter und sonstigen Bezugspersonen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen, ihnen steht also nicht automatisch ein Recht auf Umgang mit dem Kind zu.
Voraussetzung ist, dass die Gesamtumstände des Einzelfalls den Umgang für das Kind sinnvoll erscheinen lassen. Dann kann das Umgangsrecht von den Großeltern oder anderen Verwandten vor dem Familiengericht erfolgreich geltend gemacht werden.
Umgang dient dem Kindeswohl
Wie sich bereits aus dem Gesetzestext ableiten lässt, steht das Kindeswohl an oberster Stelle. Ferner lässt sich aus dem Gesetz entnehmen, dass zum Wohl des Kindes der Umgang mit anderen Personen als den Eltern gehört, sofern eine Bindung zu diesen besteht und eine Wahrung dieses Verhältnisses für die kindliche Entwicklung zuträglich ist. Dies ist auch ausdrücklich in den familienrechtlichen Vorschriften bestimmt ist (§1626 III BGB).
Auch wenn das Umgangsrecht gesetzlich vorgeschrieben ist, gilt dieses nicht uneingeschränkt. Das Recht der Großeltern auf regelmäßigen Kontakt mit ihren Enkelkindern tritt grundsätzlich hinter dem Erziehungsrecht der Eltern zurück. Sofern das Familienleben ohne Streitigkeiten verläuft, ist ein regelmäßiger Umgang aber gesichert, ohne dass das Recht darauf aktiv geltend gemacht werden muss. Nur wenn die Umstände des Einzelfalls dies ermöglichen, kann das Umgangsrecht der Großeltern das elterliche Erziehungsrecht umgehen.
Entscheidender Faktor ist stets das Wohl des Kindes. Dieses sogenannte Kindeswohlprinzip ist gesetzlich in § 1697a BGB normiert und bildet die Grundlage für sämtliche Fragen, die den Umgang unter Verwandten betrifft.
Aus diesem Prinzip lässt sich ableiten, dass sich das Umgangsrecht stets positive Auswirkungen auf das Kind haben muss. Eine Schädigung des Kindeswohls darf in keiner Hinsicht bestehen.
Das Familiengericht entscheidet
Kommt es zu einer Entscheidung über das Umgangsrechts vor dem Familiengericht, wird der Fokus bei der Entscheidungsfindung darauf gerichtet, die familiäre Gesamtsituation zu untersuchen und zu überprüfen, ob ein schlechtes Verhältnis der Erwachsenen untereinander Einfluss auf den Umgang der Großeltern bzw. der anderen Verwandten mit dem Kind haben könnte. Kommt es beim Umgang mit dem Enkelkind zu erkennbaren Spannungen zwischen den Großeltern und den Eltern oder gar zu lautstarken Diskussionen, ist dies sicher ein Umstand, der gegen ein uneingeschränktes Umgangsrecht der Großeltern spricht. Ebenso wird das Familiengericht den Umgang regelmäßig untersagen, wenn es zu Loyalitätskonflikten kommt. Ein solcher Konflikt entsteht etwa dann, wenn die Großeltern oder anderen Verwandten und die Eltern des Kindes versuchen auf das Kind, durch negative Äußerungen über den jeweils anderen, Einfluss zu nehmen und der Streit auf diesem Wege weiter über das Kind ausgetragen wird.
Umgang mit den Großeltern und Geschwistern
Für ein bestehendes Umgangsrecht der Großeltern ist es mitentscheidend, dass diese auf irgendeine Weise zum sozialen Umfeld des Kindes gehören. Lediglich das Vorbringen des Verwandtschaftsverhältnisses, reicht nicht aus, wenn sonst keine Bindung besteht. Dabei kommt den Großeltern und den Geschwistern eines Kindes grundsätzlich eine besondere familiäre Stellung zu. Demnach werden die Voraussetzungen für das Gestatten eines Umgangsrechts nicht allzu hoch angesetzt. So reicht es aus, dass eine soziale Bindung bestand und dass der weitere Kontakt dem Kindeswohl entspricht. Aber nicht allein das Verhältnis der Großeltern zum Enkelkind ist entscheidend. Auch wenn dieses Verhältnis ausgesprochen eng und förderlich für das Kindeswohl ist, kann ein Umgangsrecht verwehrt bleiben. Es kommt vielmehr auf die familiären Umstände des Einzelfalls an, sodass sich aus der Gesamtsituation ergeben kann, dass die Durchsetzung eines Umgangsrechts nicht möglich ist. Das ist bspw. der Fall, wenn das Verhältnis der Eltern und der Großeltern extrem schlecht ist.
Jedoch führt ein angespanntes Verhältnis zwischen den Kindeseltern und den Großeltern nicht immer dazu, dass das Umgangsrecht der Großeltern verweigert werden kann. Im Gesetz ist eine sogenannte „Wohlverhaltensklausel“ (§1684 BGB) festgehalten, nach der es den Eltern obliegt, sich bei der Ausübung des Umgangsrechts zu unterstützen und vorbildlich gegenüber ihren Kindern einzulassen. Aus dem Abs. 2 Satz 2 dieser Vorschrift lässt sich entnehmen, dass Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet. Besteht zwischen dem Kind und den Großeltern bereits eine enge, gewachsene Bindung, so dass das Kind bei einem Kontaktabbruch leiden würde, ist es den beteiligten Kindeseltern und den Großeltern auferlegt, den Umgang zu ermöglichen und nach ihrem besten Wissen und Gewissen zu fördern. Gleiches gilt für das Umgangsrecht von Geschwistern gegenüber dem betroffenem Kind.
Einzelfallprüfung zum Umgangsrecht
Die Frage nach einem bestehendem Umgangsrecht ist immer eine Frage des Einzelfalls. Bei Konflikten zwischen den Kindeseltern und Großeltern ist daher immer auf die persönlichen Umstände zu achten. Dabei spielen folgende Punkte eine entscheidende Rolle, wenn es um die Beurteilung geht, ob das Umgangsrecht noch mit dem Kindeswohl vereinbar ist:
- Ist das Kind seinem Alter und seiner Persönlichkeit nach in der Lage, mit den Streitigkeiten zwischen den Großeltern und Eltern umzugehen?
- Kann es Meinungsverschiedenheiten und gegenseitige kritische Äußerungen richtig einordnen?
Man kann ein Kind nicht sein Leben lang davor schützen, mit Konflikten und divergierenden Auffassungen in Kontakt zu kommen. Vielmehr gehört dies zum Leben und zu einer vollumfänglichen Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes dazu. Demnach ist nicht bei jeder kleineren Streitigkeit direkt von einem Versagen des Umgangsrechts auszugehen, erst wenn das Kindeswohl ernsthaft gefährdet ist, kommt der Schritt in Betracht den entsprechenden Personen den Umgang mit dem Kind vorzuenthalten. Dabei spielt das Alter und die persönliche Entwicklung des Kindes eine bedeutende Rolle, denn je jünger ein Kind ist desto schwieriger fällt es ihm die Situation richtig einzuschätzen und mögliche Differenzen richtig zu verorten.
Umgangsrecht anderer Bezugspersonen
Neben den Großeltern und den Geschwistern, bei denen grundsätzlich von einer engen familiären Bindung ausgegangen wird, haben auch andre Verwandte oder sonstige Personen möglicherweise ein Recht auf Umgang.
Mögliche Bezugspersonen
Zu den anderen Verwandten und sonstigen Personen können folgende gezählt werden:
- der frühere Ehegatte oder Lebensgefährte eines Elternteils
- der neue Ehegatte oder Lebensgefährte, sofern bereits eine sozial-familiäre Bindung zum Kind besteht
- der biologische, aber nicht rechtliche Vater
- die Pflegepersonen, bei denen das Kind eine längere Zeit zur Pflege gelebt hat
- als andere Verwandte Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins
- angeheiratete Großelternteile
- Freunde der Familie und Nachbarn
Enge Bindung als Voraussetzung
Auch bei den übrigen Verwandten und anderen Personen ist entscheidend, dass es ich eine enge Bezugsperson des Kindes handelt, also eine soziale Bindung besteht. Es besteht für den genannten Personenkreis also nicht per se ein Umgangsrecht, welches rechtlich durchgesetzt werden kann. Übernimmt eine Person tatsächlich Verantwortung für ein Kind und kommt es so zu einer sozial-familiären Beziehung, ist von dieser erforderlichen Bindung auszugehen. In der Praxis ist dies häufig der Fall, wenn eine Person über einen längeren Zeitraum in einer häuslichen Gemeinschaft mit dem Kind gelebt hat. Wann dieser längere Zeitraum gegeben ist, ist gesetzlich nicht definiert und ist in jedem Einzelfall gesondert zu entscheiden.
Dabei spielt auch das Empfinden des Kindes eine wichtige Rolle. Dass Zeitempfinden eines Kindes ist je nach Alter unterschiedlich, sodass sich auch verschiedene Zeiträume ergeben können, wenn es um die Bestimmung eines „längeren Zeitraums“ geht. In der Regel ist mindestens eine Zeitspanne von 6 Monaten erforderlich.
Gerichtliche Durchsetzung des Umgangsrechts
Sowohl für die Großeltern als auch für andere Bezugspersonen des Kindes gibt es die Möglichkeit, das Bestehen und den genauen Inhalt des Umgangsrechts geltend zu machen und gerichtlich feststellen zu lassen.
Das zuständige Gericht dafür ist das Familiengericht, eine spezielle Abteilung des Amtsgerichts.
Im Interesse des Kindes gilt es jedoch, dass die streitenden Parteien vermeiden, dass das Kind mit in den Umgangskonflikt hineingezogen wird. Demnach empfiehlt es sich zunächst eine außergerichtliche und einvernehmliche Lösung anzustreben. Unterstützung dabei das Jugendamt oder eine anwaltliche Beratung eines Familienrechtsanwalts.
Ist eine einvernehmliche und außergerichtliche Einigung nicht möglich, bleibt der Weg über ein Verfahren vor dem Familiengericht.
Zunächst muss ein entsprechender Antrag beim Familiengericht auf Einräumung des Umgangsrechts gestellt werden. Denn es besteht nur die Möglichkeit, die Eltern zu der Förderung des Umgangs mit anderen Personen zu verpflichten, wenn der Umgang gerichtlich angeordnet ist. Örtlich zuständig ist in der Regel das Amtsgericht, in dessen Bezirk das betroffene Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Antragsteller muss dann sein ernsthaftes Interesse an dem Umgang mit dem Kind darlegen, es muss schlüssig begründet werden, wieso der Umgang förderlich für das Kindeswohl ist. Es genügt demnach nicht, sich einfach nur darauf zu berufen, dass man eine Bezugsperson des Kindes sei.
Berücksichtigung der Wünsche der Kinder!
Wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt, stellt sich die Frage, inwieweit die Wünsche des Kindes bei der Entscheidung berücksichtigt werden, wenn sich die Eltern mit den Großeltern oder einer anderen Bezugsperson vor dem Gericht über das Umgangsrecht streiten. Eine persönliche Anhörung des Kindes ist in jedem Fall vorgesehen, wenn das Kind das 4. Lebensjahr vollendet hat. Aber auch ein jüngeres Kind kann vom Gericht angehört werden, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille des Kindes für die Entscheidungsfindung maßgeblich ist. Eine Abweichung von der Regel des persönlichen Verhöres seitens des Gerichts ist nur in selten Fällen zulässig.
Je älter ein Kind ist, umso mehr werden seine Vorstellung in der Entscheidung berücksichtigt, da davon auszugehen ist, dass Kinder mit steigendem Alter die Situation besser einschätzen können und nach ihrem eigenen Willen aussagen. Wohingegen kleinere Kinder, die in ihrer Persönlichkeitsentwicklung noch nicht so weit fortgeschritten sind, sich auch häufig von den Eltern, den Großeltern oder sonstigen Personen beeinflussen lassen. Allerdings ist als alleiniger Maßstab der gerichtlichen Entscheidung das Kindeswohl zu sehen, sodass sich diese nicht immer mit dem Kinderwunsch deckt.
Zusammenfassen lässt sich sagen, dass
- sowohl Großeltern als auch anderen Verwandten und engen Bezugspersonen ein Umgangsrecht gegenüber dem betroffenen Kind zusteht,
- das Kindeswohl spielt bei der Berechtigung zu diesem Umgang die entscheidende Rolle,
- das Umgangsecht, wenn es nicht dem Willen der Eltern entspricht, gerichtlich angeordnet werden muss, damit dieses unabhängig vom elterlichen Willen durchgesetzt werden kann.
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Sascha Gramm
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