Die Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs und die Fälle der Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs:
Durch den Tatbestand des §218 StGB, welcher den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe stellt, soll vorrangig das ungeborene menschliche Leben geschützt werden. Als nachrangig geschütztes Rechtsgut ist auch die körperliche Unversehrtheit der Schwangeren erfasst.
Grundsätzlich soll der Abbruch einer Schwangerschaft strafbar sein und mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft werden. In besonders schweren Fällen erhöht sich die Strafandrohung auf sechs Monate bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Besonders schwere Fälle liegen vor, wenn der Abbruch gegen den Willen der Schwangeren geschieht oder wenn der Täter dabei die Schwangere leichtfertig der Todesgefahr oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
Wird die Tat von der Schwangeren selbst begangen, so reduziert sich die Strafandrohung auf bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Auch ist die Schwangere nicht wegen des Versuchs des Abbruchs der Schwangerschaft strafbar. Auch regelt dieser Paragraph, dass Mittel, die die Einnistung des befruchteten Eis in die Gebärmutter verhindern, keinen Schwangerschaftsabbruch darstellen. Die Verwendung der sog. „Pille danach“ ist somit nach diesem Paragraphen straflos.
Die Rechtfertigung eines Schwangerschaftsabbruchs:
Der nachfolgende Paragraph regelt, in welchen Fällen ein Schwangerschaftsabbruch straffrei bleibt.
So ist Voraussetzung dafür, dass die Schwangere den Abbruch selbst möchte und einem Arzt die Bescheinigung vorzeigt, dass sie sich mindestens drei Tage vorher dazu hat beraten lassen.
Außerdem muss der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt durchgeführt werden und seit der Empfängnis dürfen nicht mehr als zwölf Wochen verstrichen sein.
Abbruch durch den Arzt:
Wird der Abbruch in Deutschland vorgenommen, so muss der durchführende Arzt auch hier approbiert sein. Bei einem Schwangerschaftsabbruch im Ausland genügt es, wenn der Arzt nach dem dort geltenden Recht eine Zulassung hat. Der Arzt muss sich auch vor der Behandlung vergewissern, dass die Abtreibung des Kindes auf einer freien Willensentscheidung der Frau beruht. Die Frau muss sich gegenüber dem Arzt nicht rechtfertigen, aber es soll sichergestellt werden, dass der Schwangerschaftsabbruch nicht gegen ihren Willen geschieht.
Bescheinigung der Beratung:
Nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz muss die Beratung bei einer anerkannten Beratungsstelle erfolgen. Von diese Stelle bekommt die Frau einer Bescheinigung, welche ihren Namen und das Datum des letzten Beratungstermins enthält. Beratungsstellen können entweder staatliche oder kommunale Behörden sein, aber auch kirchliche Einrichtungen, aber auch freie Träger oder Ärzte. Diese Stellen bedürfen alle der staatlichen Anerkennung und es darf sich nicht um Einrichtungen handeln, die auch Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Bei dieser Beratung soll der Schwangeren, nach dem Willen, des Gesetzes, deutlich gemacht werden, dass ein Schwangerschaftsabbruch nur in außergewöhnlichen Situationen erfolgen soll. Außerdem soll ihr dort erklärt werden, dass auch das ungeborene Leben einen hohen Stellenwert hat und als schützenswert angesehen wird.
Andere Rechtfertigungsgründe des Schwangerschaftsabbruchs:
Neben dem gerechtfertigten Abbruch der Schwangerschaft innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis gibt es noch andere Umstände, die nach dem Gesetz zu einer Rechtfertigung der Abtreibung führen.
Schwangerschaftsabbruch aus medizinischen Gründen:
Der Abbruch der Schwangerschaft ist auch dann gerechtfertigt, wenn er medizinisch indiziert ist, also notwendig ist, um die Schwangere vor einer Lebens- oder schweren Gesundheitsgefahr zu schützen.
Eine solche Gefahr muss nicht schon beim gegenwärtigen Stand der Schwangerschaft vorliegen, sondern es reicht auch, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit im weiteren Verlauf der Schwangerschaft besteht.
Es kann auch Lebensgefahr für die Schwangere bestehen, wenn die ernstliche Selbstmordgefahr besteht.
Als schwere Gesundheitsgefahr sind nicht nur körperliche Beeinträchtigungen zu bewerten, sondern auch psychische Schäden, die die Schwangere davon tragen könnte. Diese Beeinträchtigung muss dann so schwerwiegend sein, dass es ihr nicht mehr zumutbar ist, die Schwangerschaft noch weiter fortzusetzen. Nicht nur medizinische Belange sind in diese Abwägung mit zu bedenken, sondern auch familiäre, soziale und wirtschaftliche Gesichtspunkte.
Keine andere Abwendbarkeit der Gefahr:
Dieser Rechtfertigungsgrund greift nur, wenn die Gefahr für die Schwangere nicht anders abwendbar ist.
So kann zum Beispiel durch die frühzeitige Einleitung der Geburt zu einem unbedenklichen Zeitpunkt eine zumutbare Abwendbarkeit begründen. Besteht die Gefahr, dass die Schwangere in Depressionen verfällt, so ist nur im konkreten Fall bewertbar, ob ambulante oder stationäre psychiatrische Therapie eine zumutbare Abwendbarkeit der Gefahr darstellt. Daneben kann sogar die Freigabe des Kindes zur Adoption ein zumutbares Mittel sein. Aber auch hier lässt sich dies nur immer im Einzelfall beurteilen. Eine Pauschalisierung ist nicht möglich.
Unzumutbarkeit aufgrund einer rechtswidrigen Tat:
Die Unzumutbarkeit, welche einen Abbruch der Schwangerschaft rechtfertigen kann, liegt auch dann vor, wenn die Frau Opfer einer Sexualstraftat nach den §§176-179 StGB geworden ist. Diese Normen stellen unter Strafe den sexuellen Missbrauch von Kindern sowie den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern (mit Todesfolge), die sexuelle Nötigung und Vergewaltigung (mit Todesfolge) und auch den sexuellen Missbrauch von widerstandsunfähigen Personen.
Hier müssen dringende Gründe dafür sprechen, dass die Schwangerschaft auf eben jener Tat beruht. Dies muss auch von einem Arzt festgestellt werden. Wichtig ist, dass es für eine Unglaubhaftigkeit der Schwangeren nicht ausreicht, dass sie gegen den Täter keine Strafanzeige erstatten möchte. Der Arzt muss hier glauben, dass sich die Schwangerschaft aus der Tat ergeben hat. Er muss von den Ermittlungsbehörden, wenn schon ein Strafverfahren läuft, keinen Einblick in die Akten verlangen. Möchte er dies trotzdem, so geht dies nur mit dem Einverständnis der Schwangeren.
Beruht die Schwangerschaft auf einer solchen Tat, so wird schon vom Gesetz her vermutet, dass die Fortsetzung der Schwangerschaft unzumutbar ist. In einem solchen Fall ist auch keine Beratung mit Bescheinigung mehr erforderlich.
Strafausschließungsgründe bei Schwangerschaftsabbrüchen:
Die oben genannten Gründe führen dazu, dass für alle Beteiligten, also Schwangere und Ärzte keine Strafbarkeit wegen Schwangerschaftsabbruch vorliegt. Daneben regelt das Gesetz noch einen so genannten Strafausschließungsgrund. Dieser führt dazu, dass lediglich die Schwangere nicht bestraft werden kann, die anderen Beteiligten sind davon allerdings nicht erfasst.
Dafür muss ein rechtswidriger Schwangerschaftsabbruch vorgenommen sein. Voraussetzung ist hier, dass zwar eine Beratung erfolgte und auch dass die Abtreibung von einem Arzt vorgenommen wurde, allerdings lagen zwischen Empfängnis und Ende der Schwangerschaft weniger als 22 Wochen.
Hier ist nur wichtig, dass eine Beratung erfolgt ist, sie muss nicht, wie oben ausgeführt, mindestens drei Tage vor dem Abbruch erfolgt sein. Der Arzt kann die Abtreibung auch außerhalb eines Krankenhauses oder einer dafür zugelassenen Einrichtung vorgenommen haben, es darf sich aber auch hier nicht um den Arzt handeln, der die Beratung durchgeführt hat.
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