Das Verfahren bei sexuellen Handlungen in der Öffentlichkeit
Sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit können entweder zu einer Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch nach §183a führen oder sie werden als Ordnungswidrigkeit behandelt und mit einem Bußgeld bestraft.
Erregung öffentlichen Ärgernisses nach §183a StGB
Dieser Paragraph stellt direkt das Begehen sexueller Handlungen in der Öffentlichkeit unter Strafe. Die Strafandrohung beträgt Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Voraussetzung ist hier, dass eine Handlung vorgenommen wird die objektive betrachtet sexualbezogen ist. Auch ist nicht erforderlich, dass der Täter durch die Handlung selbst sexuell erregt wird oder dass er die Erregung anderer Personen bezweckt.
Öffentlich heißt in diesem Fall, dass die Handlung nach den örtlichen Gegebenheiten her von einer unbestimmten Menge an Personen wahrgenommen werden kann. Die Handlung muss auch ein Ärgernis erregen. Diese Formulierung bedeutet, dass sich mindestens ein Beobachter durch die Handlung ernstlich verletzt fühlen muss. Daraus ergibt sich auch, dass Flitzer, also Personen, die nackt während beispielsweise einer Sportveranstaltung über das Spielfeld laufen, noch kein Ärgernis erregen. Es genügt hier auch, wenn der Täter weiß, dass er Sex an einem öffentlichen Ort hat. Allerdings muss er genau wissen oder sogar beabsichtigen, dass Dritte an der Handlung Anstoß nehmen.
In diesem Fall kommt es zu einem klassischen Strafverfahren, das heißt die Staatsanwaltschaft leitet ihre Ermittlungen ein und eventuell kommt es auch zu einer Anklage vor Gericht.
Belästigung der Allgemeinheit als Ordnungswidrigkeit
Stellt die Handlung noch keine Straftat im Sinne der Erregung öffentlichen Ärgernisses dar, so handelt es sich zumindest um eine Ordnungswidrigkeit, nämlich um eine Belästigung der Allgemeinheit. Hier genügt es, dass eine grob ungehörige Handlung vorgenommen wird, welche geeignet ist die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung beeinträchtigen könnte. Anders als bei einer Erregung öffentlichen Ärgernisses ist es hier unerheblich, ob sich Personen tatsächlich durch den öffentlichen Austausch von Zärtlichkeiten gestört beziehungsweise belästigt fühlen. Durch die Begriffe der Belästigung der Allgemeinheit und die Gefährdung der öffentlichen Ordnung wird unter anderem auch das Schamgefühl geschützt, welches verletzt sein könnte, wenn eine Personen sieht, wie Dritte in der Öffentlichkeit Geschlechtsverkehr haben oder in anderer Form intime Handlungen begehen.
Der Begriff der Allgemeinheit bedeutet, ähnlich wie der Begriff der „Öffentlichkeit“ bei der Erregung öffentlichen Ärgernisses, dass die Belästigung von einer unbestimmten Anzahl von Personen wahrgenommen werden kann. Dies könnte auch dann der Fall sein, wenn ein Paar vor einem Fenster im Erdgeschoss Sex hat, an dem regelmäßig Passanten vorbeilaufen.
Eine solche Ordnungswidrigkeit verjährt nach sechs Monaten, kann also mit Ablauf dieser Zeit nicht mehr Sanktioniert werden.
Folgen der Ordnungswidrigkeit:
Anders als im Strafverfahren nach eine Straftat, handelt es sich bei einem Verfahren nach einer Ordnungswidrigkeit um ein Verwaltungsverfahren. In den meisten Fällen handelt es sich um ein Bußgeldverfahren, welches mit der Ausstellung eines Bußgeldbescheides abgeschlossen wird. Dieses kürzere Verfahren gegenüber dem Strafverfahren, soll vor allem der Vereinfachung und Beschleunigung dienen.
Der Gang des Bußgeldverfahrens:
Ähnlich dem Strafverfahren beginnt das Bußgeldverfahren ebenfalls mit dem Vorverfahren, welches dazu dienen soll den Sachverhalt zu ermitteln. Auch wird dem Betroffenen Gelegenheit gegeben sich zu der Sache zu äußern, allerdings kann der Betroffene hier keine Beweisanträge bei den Beamten stellen und er muss auch nicht über sein Recht aufgeklärt werden, einen Verteidiger seiner Wahl vor der Vernehmung hinzuziehen zu können. Ein solches Verfahren kann entweder mit einer Einstellung, mit einer Verwarnung oder einem Bußgeldbescheid enden.
Die Verwarnung
Eine Verwarnung kann entweder mit oder ohne Verwarnungsgeld ausgesprochen werden. Anders als im Bußgeldverfahren handelt es sich hier um eine einfachere uns kostengünstigere Verfahrensweise und dient dazu bei einfachen oder geringfügigen Ordnungswidrigkeiten das Bußgeldverfahren zu ersetzen. Hauptsächlich wird die Verwarnung allerdings bei Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr ausgesprochen. Soll eine Verwarnung mit Verwarngeld ausgesprochen werden, dann muss der Betroffene darüber belehrt werden, dass er sein Einverständnis auch verweigern kann, er muss der Verwarnung zustimmen und sie bestätigen, indem er das Verwarngeld zahlt.
Die Einstellung des Verfahrens
Das Verfahren kann eingestellt werden, wenn sich herausstellt, dass die verfolgte Handlung nicht als Ordnungswidrigkeit zu qualifizieren ist, zum Beispiel weil es sich bei den Küssen eines Paares in der Öffentlichkeit noch nicht um eine Belästigung der Allgemeinheit handelte. Die Einstellung wird dem Betroffenen mitgeteilt. Auch kann die Behörde das Verfahren noch aus anderen Gründen einstellen. Ist dem Betroffenen noch nicht bekannt, dass gegen ihn ein Verfahren läuft, so muss er auch nicht über die Einstellung informiert werden.
Der Bußgeldbescheid
Als letzte Sanktionsmöglichkeit kommt der Bußgeldbescheid in Betracht. Mit ihm kann das Vorverfahren abgeschlossen werden. Akzeptiert der Betroffen den Bescheid, so wird er rechtskräftig und muss gezahlt werden. Ein Bußgeldbescheid muss schriftlich erlassen werden. Außerdem muss er eine genaue Beschreibung der vorgeworfenen Tat enthalten, sowie die Angaben des Betroffenen und die Beweismittel. Er enthält des Weiteren die Höhe der Geldbuße plus eventuelle Nebenfolgen, beispielsweise die zeitweise Entziehung der Fahrerlaubnis.
Bußgeldrahmen
Die Vorschrift über die Belästigung der Allgemeinheit enthält keinen speziellen Rahmen für die Höhe des Bußgeldes, sodass auf die allgemeine Vorschrift zurückgegriffen werden muss. Dort beträgt die Mindesthöhe 5 Euro und höchstens 1.000 Euro. Die Höhe der Geldbuße richtet sich nach der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und nach der Schwere des Vorwurfs, der den Täter trifft.
So kann die Höhe bei öffentlichen sexuellen Handlungen auch davon abhängen, ob zum Beispiel Alkohol im Spiel war und wie gut die Tat tatsächlich von anderen Personen wahrnehmbar war. Ein Bußgeld wird somit höher zu bemessen sein, wenn Kinder, die als besonders schutzwürdig gelten, Zeugen der Belästigung geworden sind oder wenn oder wenn neben der bloßen psychischen Belästigung noch andere Störungen aufgetreten sind. Die Höhe des Bußgeldes kann sich auch dadurch herabsenken, dass sich der Betroffene einsichtig zeigt. Handelt es sich nur um geringfügige Ordnungswidrigkeiten so werden die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen nicht berücksichtigt, dies geschieht erst bei schwereren Verstößen.
Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid
Hält der Betroffene den Bescheid für unzulässig, so kann er innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Bescheides Einspruch bei der Behörde einlegen, die den Bescheid erlassen hat. Der Einspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde einzulegen.
Ist Widerspruch eingelegt worden, so kommt der Bescheid zur nochmaligen Überprüfung zur Verwaltungsbehörde. Kommt die Behörde dann zu dem Ergebnis, dass sie den Bußgeldbescheid nicht aufrechterhalten will, so kann sie ihn zurücknehmen. Wird der Bescheid aufrechterhalten, so werden die Akten an die Staatsanwaltschaft übersendet, welche den Sachverhalt nochmals prüft. Hier kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen, wenn sie der Ansicht ist, dass es sich nicht um eine Ordnungswidrigkeit handelt. Im letzten Zug gelangt der Einspruch vor Gericht, wo ein Einzelrichter über den Einspruch entscheidet.
In dem Verfahren vor dem Gericht beurteilt das Gericht die Sachlage noch einmal vollständig neu. In einer Hauptverhandlung wird dann über den Vorwurf der Ordnungswidrigkeit entschieden.
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