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Das Aussageverweigerungsrecht im Strafrecht – wann darf eine Aussage verweigert werden?

Rechtsanwalt Strafrecht Hannover

Strafverteidiger Gramm aus Hannover

Das umfassendste Zeugnisverweigerungsrecht trifft im Strafverfahren bzw. im Strafprozess der Beschuldigten bzw. Angeklagten. Nach den Vorschriften ist der Beschuldigte schon bei der ersten Vernehmung darauf hinzuweisen, dass er sich zu den Punkten, die ihm zur Last gelegt werden äußern kann, aber nicht muss.
Dieses Recht entspringt dem Grundsatz, dass sich vor dem Strafgericht niemand selbst belasten muss, sondern dass die Anklage zum Beweis der Tat durch den Angeklagten und zum Beweis seiner Schuld verpflichtet ist.

Das Zeugnisverweigerungsrecht von Zeugen:

Grundsätzlich gilt, dass Zeugen eine Pflicht haben vor Gericht auszusagen und diese Pflicht nur in Ausnahmefällen entfällt.
So können Zeugen eine Aussage zur Sache verweigern, wenn sie sich dadurch selbst belasten würde, also sie sich selbst einer Straftat bezichtigen würden.

Recht von Angehörigen des Beschuldigten:

Besondere Vorschriften für Zeugen gelten, wenn es sich bei diesen um Angehörige des Beschuldigten bzw. Angeklagten handelt. Als Angehörige gelten der Ehepartner, der/ die Verlobte und der Lebenspartner des Beschuldigten. Mit dem Begriff Lebenspartner sind gleichgeschlechtliche Partner gemeint, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben.

Das Recht zum Verweigern der Aussage besteht auch fort, wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft beendet ist. Eine eheähnliche Gemeinschaft berechtigt nicht zum Zeugnisverweigerungsrecht. Für Verlobte gilt, dass es sich um ein ernstgemeintes Versprechen zur Begründung einer Lebenspartnerschaft handeln muss. Fehlt dieser Wille, so ist das Verlöbnis unbeachtlich und berechtigt nicht zum Verweigern des Zeugnisses.

Auch berechtigt zum Verweigern der Aussage sind alle, die mit dem Beschuldigten direkt verwandt oder verschwägert sind, also Eltern, Kinder, Großeltern, Geschwister sowie die Kinder der Geschwister. Als verschwägert gilt beispielsweise die Ehegatten der Geschwister.

Besonderheit bei adoptierten Kindern:

Auch wenn durch eine Adoption das Verwandtschaftsverhältnis zu den ursprünglichen Eltern aufgekündigt wird, so behalten die Kinder gegenüber den bisherigen Verwandten. Anders sieht es aus bei Pflegekindern. In dieser Beziehung kann sich nicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen werden.

Weitere Berechtigte:

Das Gesetz sieht noch eine weitere Besonderheit vor. Sind Kinder aufgrund ihres Reifegrades noch nicht in der Lage den Inhalt des Zeugnisverweigerungsrechts zu begreifen oder sind sie geistig oder seelisch behindert und aufgrund dessen die Bedeutung des Rechts nicht zu fassen vermögen, so dürfen sie nur vernommen werden, wenn sie selbst zu einer Aussage bereit sind und auch ihr gesetzlicher Vertreter der Aussage zustimmt. Aus dem Gesetzestext ergibt sich hier, dass für diese Gruppe der Berechtigten grundsätzlich keine Pflicht besteht auszusagen, sondern sie nur das Recht zur Aussage haben.

Gruppen außerhalb der Angehörigen, die berechtigt sind:

Die Berufsgruppen, die Berufsgeheimnisse wahren sind ebenfalls zeugnisverweigerungsberechtigt. Darunter fallen grundsätzlich Geistliche in ihrer Tätigkeit als Seelsorger, selbstverständlich der Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwälte generell, sowie Ärzte, Psychiater, Apotheker und Hebammen. Dies gilt immer nur für Informationen, die den Trägern des Berufsgeheimnisses auch in dieser Funktion bekanntgeworden sind (Schutz des Redaktionsgeheimnisses).

Des Weiteren berechtigt sind Personen, die einer Beratungstätigkeit bei einer Beratungsstelle für Drogenabhängigkeit oder Schwangerschaft nachgehen. Auch Mitglieder des deutschen Bundestags können die Aussage verweigern sowie Journalisten in Bezug auf die Einsende von Beiträgen oder andere Informationen, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind.

Das Ausüben des Zeugnisverweigerungsrechts:

Beim Zeugnisverweigerungsrecht handelt es sich um ein sogenanntes höchstpersönliches Recht. Das heißt es kann kein Dritter vor Gericht erklären, dass ein Zeuge von diesem Recht Gebrauch machen möchte, sondern es muss immer der Zeuge selbst erklären oder dessen Anwalt. Die Ausübung des Rechts kann sich auch nur auf einen Teil der Aussage beziehen, aber auch auf die gesamte Aussage. Es muss auch keine Begründung für das Verweigern der Aussage gegeben werden, denn die liegt schon in der Tatsache, dass es sich bei dem Zeugen zum Beispiel um einen Angehörigen des Beschuldigten handelt.

Es bedarf einer ausdrücklichen Erklärung, das heißt es reicht nicht, dass bei der Aussage einfach wesentliche Informationen ausgelassen werden.

Folgen einer unberechtigten Verweigerung der Aussage:

Steht einem Zeugen kein Zeugnisverweigerungsrecht zu und verweigert er dennoch die Aussage, so werden ihm die Kosten auferlegt, die durch die Verweigerung verursacht werden. Außerdem wird gegen ihn ein Ordnungsgeld erlassen, welches sich in Ordnungshaft festgesetzt werden kann, wenn dem Zeugen die Mittel zum Zahlen des Geldes fehlen.
Auch darf zum Erzwingen der Aussage des Zeugen eine Haft angeordnet werden, diese darf aber sechs Monate nicht übersteigen und auch nicht länger dauern als das Verfahren.

Strafbarkeit einer Falschaussage:

Bei diesen Folgen handelt es sich nur um die, die von der Strafprozessordnung (StPO) vorgesehen sind. Es ist zu beachten, dass ein Zeuge der vor Gericht falsch aussagt sich auch wegen einer falschen uneidlichen Aussage (§153 StGB) strafbar macht. Das Strafmaß beträgt hier drei Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Bei Fragen im Strafrecht rufen Sie Anwalt Gramm unverbindlich an:

0511 450 196 60

Exkurs:

Das Zeugnisverweigerungsrecht im Zivilverfahren:

Das Zivilverfahren unterscheidet sich grundlegend vom Strafverfahren. Das Strafverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass der Staat als Ankläger auftritt, während es in Zivilverfahren um die Vermittlung bzw. Befriedung von zwei grundsätzlich gleich berechtigten Parteien geht.
In einem Zivilverfahren kann sich also eine Partei nicht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Ein solches kann nur Zeugen zustehen.

In welchen Fällen steht Zeugen im Zivilverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht zu?

Auch im Zivilprozess sind die Zeugen zur Wahrheit verpflichtet und müssen vor Gericht auch darauf hingewiesen werden. Bei einer Falschaussage macht man sich auch hier nach dem Strafgesetzbuch strafbar.
Einem Zeugen kann entweder aus persönliche oder aus sachlichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehen.

Zeugnisverweigerung aus persönlichen Gründen:

Ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönliche Gründen heißt, dass hier die Gründe in der Person des Zeugen liegen, also entweder durch ihre Beziehung zu einer Partei oder aufgrund Ihres Berufs können sie das Zeugnis verweigern. Berechtigt zur Verweigerung sind, Ehe- und Lebenspartner, sowie Verlobte oder direkte Verwandte.
Auch schütz diese Vorschrift Geistliche in ihrer Funktion als Seelsorger, sowie Träger von Berufsgeheimnissen, darunter fallen hier zum Beispiel Rechtsanwälte, Ärzte (sowie andere in der Gesundheitspflege Arbeitende), Richter, Notare, Verfahrensbeistände, Bankangestellte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.

Zeugnisverweigerung aus sachlichen Gründen:

Die Zeugnisverweigerung aus sachlichen Gründen gibt grundsätzlich nur ein Recht bestimmte Fragen nicht zu beantworten. Im Einzelnen kann das Zeugnis verweigert werden über Fragen, die für den Zeugen oder für einen Angehörigen des Zeugen zu einem unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden führen würden; über Fragen, deren Beantwortung dazu führen könnte, dass sich der Zeuge oder einen seiner Angehörigen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit bezichtigt oder über Fragen, die der Zeuge nicht beantworten könnte ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu verraten.

Ausnahmen des Zeugnisverweigerungsrechts:

Anders als im Strafverfahren kann es auch für die nahen Angehörigen Ausnahmen bezüglich des Zeugnisverweigerungsrechts geben. So darf zum Beispiel von dem Recht kein Gebrauch gemacht werden, wenn sich die Frage auf die Errichtung und den Inhalt eines Rechtsgeschäfts (z. B. ein Vertrag) richtet, bei dessen Abschluss der Zeuge beteiligt war. Auch kann der Zeuge das Zeugnis nicht verweigern, wenn es sich um eine Frage handelt, die sich auf das in Streit stehende Rechtsverhältnis bezieht und Handlungen zum Inhalt hat, die vom Zeugen selbst vorgenommen wurden als Rechtsvorgänger oder Vertreter einer der Parteien.
Geistliche oder die Träger von Berufsgeheimnissen können sich nicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen, wenn sie von der Verschwiegenheitspflicht freigestellt wurden.