Die Strafbarkeit des Dopings im Alltag – wann macht man sich strafbar?

Das seit 2015 geltende AntiDopG beschäftigt in den letzten Tagen vermehrt Anwälte und Gerichte, nicht zuletzt aufgrund der jüngst durchgeführten „Operation Viribus“, bei der vor allem griechische und italienische Behörden im Kampf  gegen illegalem Dopingeinsatz grenzübergreifenden Razzien in insgesamt 33 Ländern durchführten. Die europäische Polizeibehörde Europol stellte in diesem Rahmen über 3,8 Mio. Dopingpräparate sicher. Die Razzien richteten sich in erster Linie gegen Hochleistungssportler, aber auch zahlreiche private Hobby-Sportler, die vor allem im Rahmen der Bodybuilding-Szene Dopingmedikamente in Fitness-Studios oder über das Internet käuflich erwarben, gerieten unter Verdacht. Europaweit kam es zur Einleitung von über 800 Ermittlungsverfahren. Auch in Deutschland sind bereits erste Festnahmen erfolgt.

Doping ist kein ausschließliches Problem von Profi-Sportlern, wie die kürzlich erfolgten Razzien zeigten, nehmen auch Hobby-Sportler, Breiten-Sportler und Bodybuilder die verbotenen Präparate ein. Für die Hersteller und Händler ist es ein Millionengeschäft, denn die Präparate können ganz bequem und problemlos über das Internet bestellt werden. Studien zu folge konsumiert jeder fünfte Fitness-Studio-Besucher illegale Dopingmittel. Insgesamt 1 Mio. Deutschen nehmen regelmäßig Dopingpräparate ein. In erster Linie handelt es sich hierbei um Männer, die die Substanzen zum verstärkten Muskelaufbau verwendet. Aber auch Frauen nutzen Dopingmittel immer häufiger, insbesondere zur Gewichtsabnahme. Sogar die Zahl der dopenden Senioren steigt, durch die Einnahme der verbotenen Hilfsmittel wollen sie eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit erreichen.

Die Tatsache, dass die Präparate in sogenannten „Untergrundlabors“ hergestellt werden und eine dementsprechend mangelhafte Qualität aufweisen, hält viele Sportler dennoch nicht von deren Einnahme ab. Der Körper gilt heutzutage als Statussymbol. Das Erzielen eines schlanken und muskulösen Körpers als Schönheitsideal und der übersteigerte Ehrgeiz im Sportwettkampf überwiegen meist den durch die Nebenwirkungen drohenden ersthaften gesundheitlichen Gefahren.

Die Gesetzgeber bemühten sich mit der Einführung des AntiDopG um einen Abschreckungseffekt. Das Gesetz bezweckt einerseits den Schutz der Gesundheit, andererseits aber auch den Erhalt der Wettkampffairness und Integrität des Sports. Bevor dieses Gesetz ins Leben gerufen wurde, sind vergleichbare Handlungen lediglich verbandsrechtlich geahndet und häufig bloß mit Wettkampfsperren sanktioniert worden, nur in äußerst seltenen Fällen kam es zu strafrechtlichen Konsequenzen. Seit Einführung des AntiDopG haben die Betroffenen jedoch zusätzlich zu verbandrechtlichen Konsequenzen auch strafrechtliche Verfolgungen zu fürchten.

Wann macht man sich nach dem AntiDopG genau strafbar?

Rechtsanwalt HannoverDafür ist zunächst wichtig zu klären, was Doping im Sinne dieses Gesetzes überhaupt bedeutet. Unter Doping ist im Allgemeinen die Verwendung verbotener Substanzen zur sportlichen Leistungssteigerung zu verstehen.

Eine ausführliche Auflistung der verbotenen Substanzen findet sich in der Anlage des Gesetzes. Nicht erlaubt sind danach diverse Anabolika, unter anderem exogene- und endogene anabol-androgene Steroide, außerdem Peptidhormone, Wachstumsfaktoren und ähnliche Stoffe sowie Hormone und Stoffwechsel-Modulatoren.

Zu den beliebtesten Dopingmittel zählen im Einzelnen die Folgenden:

Anabolika ist einer der wohl bekanntesten chemischen Hilfsmittel mit muskelaufbauender Wirkung. Es enthält das männliche Sexualhormon Testosteron. Die Einnahme hat nicht selten psychische Veränderungen zu folge sowie vorzeitigen Wachstumsstopp bei Heranwachsenden und zahlreiche weitere Nebenwirkungen.

Peptidhormone, vor allem Erythropoietin (EPO) und das Wachstumshormon (HGH) werden ebenfalls als Dopingmittel eingenommen. EPO erhöht den Anteil der roten Blutkörperchen, um eine höhere Sauerstoffübermittlung an die Zellen zu ermöglichen. Das Blut wird zähflüssiger, wodurch Nebenwirkungen wie Thrombosen, Herzinfarkt und Schlaganfälle eintreten können. HGH fördert eine erhöhte Eiweißaufnahme bei gleichzeitiger Fettverbrennung und bewirkt ebenso wie Anabolika auch einen verstärkten Muskelaufbau. Allerdings kommt es durch die Einnahme auch zum überdurchschnittlichen Wachstum von Knochen und inneren Organen, was unter Umständen schwere Krankheiten auslösen kann.

Insulin ist ein körpereigenes Peptidhormon, das den Stoffwechsel beeinflusst und den Blutzuckerspiegel senkt. Bei zusätzlicher Einnahme als Doping-Substanz können Nebenwirkungen wie Herzklopfen, schwere Hirnschäden und sogar im schlimmsten Fall der Tod eintreten.

Bleibt nun noch die Frage, welche genauen Handlungen strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben.

Strafbar sind zunächst die Handlungen der sogenannten „Hintermänner“. Das AntiDopG besagt, dass jedes Herstellen oder Handeln mit Dopingmitteln mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe verfolgt wird. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Zusammenhang mit einer Wettbewerbsverfälschung besteht oder nicht. Die Herstellung und der Handel sind somit auch im privaten Bereich strafbar. Das gilt auch für den vermeintlich beiläufigen Verkauf unter Freunden.

Zudem wird die Verschreibung oder Verabreichung des Dopingmittels an einen Sportler – etwa durch Ärzte oder Sporttrainer – ebenso bereits im privaten Bereich strafrechtlich verfolgt. Auch hier ist der Zusammenhang mit einem bevorstehenden Sportereignis nicht zwingend.

Nicht erlaubt ist ferner der Erwerb bzw. Besitz von nicht geringen Mengen oder das Verbringen in die EU zu eigenen oder fremden Nutzungszwecken. Im Gegensatz zu den anderen Handlungen wird hier allerdings eine Absicht zum Einsatz im Wettkampf ebenso wie ein Besten der Präparate in „nicht geringer Menge“ vorausgesetzt.

Ferner droht dem Täter eine Strafe, wenn er fahrlässig verkannt hat, dass es sich bei den angewendeten Mitteln, um eine illegale Substanz im Sinne des AntiDopG handelt. Ebenso strafbar ist der Versuch einer der genannten Handlungen. Kommt es sogar zu einer Gefährdung von einer großen Personenanzahl oder droht eine schwere Gesundheitsverletzung oder gar der Tod, beträgt der Strafrahmen 1 – 10 Jahren.

Eine Besonderheit des Gesetzes liegt darin, dass sich nicht nur „Hintermänner“ und Verkäufer der verbotenen Dopingsubstanzen strafbar machen, sondern dass unter bestimmten Umständen auch eine Eigenschädigung durch den Sportler im Rahmen des sogenannten „Selbstdopings“ verfolgt wird.

Werden die illegalen Dopingstoffe bei einer Hausdurchsuchung entdeckt oder deren Kauf in irgendeiner Weise nachgewiesen, muss für die Annahme einer Strafbarkeit auch die Komponente der Wettbewerbsverfälschung bestehen. Die im Grundgesetz verankerte allgemeine Handlungsfreiheit besagt unter anderem, dass jeder freiverantwortlich handelnde Mensch selbstschädigende Handlungen vornehmen darf, ohne strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Der Staat darf den Bürger insofern nicht bevormunden. Wird das Dopingmittel jedoch eingesetzt, um sich anderen Sportlern gegenüber einen Vorteil zu verschaffen und das Ergebnis des Wettkampfes damit zu verfälschen, liegt keine bloße Selbstschädigung vor, sondern eine Verletzung des Chancengleichheitsgrundsatzes und der Integrität des Sports.

Der Sportler begeht also eine Straftat, wenn er sich – ohne medizinische Indikation – die Dopingpräparate selbst verabreicht und in seinem Blut daraufhin eine verbotene Dopingsubstanz nachgewiesen wird, die der Verschaffung eines Vorteils im Wettbewerb dient. Bei dem Wettbewerb muss es sich um eine Sportveranstaltung handeln, die von einer nationalen oder internationalen Sportorganisation in direkter oder indirekter Weise organisiert wird und bei der zuvor festgelegte Regeln mit verpflichtender Wirkung gelten. Dabei müssen Entdeckung der illegalen Hilfsmittel und Sportwettkampf nicht einmal unmittelbar aufeinander folgen. Solange dennoch eine Leistungssteigerung im Wettkampf nachgewiesen werden kann, ist auch ein Doping in Ruhephasen nicht erlaubt.  Das „Selbstdoping“ ist schließlich auch dann verboten, wenn dieses im Ausland geschieht und daraufhin ein nationaler Sportwettkampf folgt. Natürlich ist eine Strafbarkeit in den Fällen ausgeschlossen, in denen das „Selbstdoping“ aus medizinisch notwendigen Gründen erfolgt. Denn bei den Dopingsubstanzen handelt es sich meist zugleich auch um Arzneimittel. Daher muss im Interesse des Einnehmenden sichergestellt werden, dass er die Substanzen nur deswegen einnimmt, um sich wettbewerbstechnisch zu behelfen und nicht etwa um einer Erkrankung entgegen zu wirken. Nimmt der Sportler die Präparate in erster Linie zu medizinischen Zwecken ein, und zeigt sich eine mögliche Leistungssteigerung als bloßer Nebeneffekt, so kann dies selbstverständlich für den Einnehmenden keine strafrechtlichen Konsequenzen haben.

Werden die Dopingmittel bei einer Hausdurchsuchung oder ähnliches entdeckt, muss dem Täter demnach nachgewiesen werden können, dass geplant war, diese im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Wettkampf einzunehmen. Im Einzelfall kann auch dem Freizeit-Sportler, der die Dopingmittel nur zu privaten Zwecken, z.B. dem Imponieren vor Frauen, einnehmen wollte, eine entsprechende Tat zu Last gelegt werden, wenn etwa demnächst ein Wettkampf bevor stand, bei dem er nachweislich angemeldet war.

Aber allein das Vorliegen eines bevorstehenden Wettkampfes ist nicht ausreichend. Eine weitere Strafbarkeitsvoraussetzung für den Besitz oder Erwerb ist das Auffinden der Dopingsubstanzen in „nicht geringer Menge“. Das Höchstmaß der erlaubten Menge für den Besitz oder Erwerb unterscheidet sich je nach Dopingmittel. Alle diesbezüglichen Angaben können in der „Verordnung zur Festlegung der nicht geringen Mengen von Dopingmitteln“ eingesehen werden. In diesem Rahmen hat das Bundesministerium für Gesundheit unter anderem folgende Höchstgrenzen festgelegt:

Die Höchstgrenze für anabole Steroide liegt für folgende Dopingmittel bei:

Verbotener Stoff Höchstgrenze u.a. in diesen Medikamenten enthalten: 
Dehydrochlormethyltestosteron 100 mg Dianabol, Metanabol
Nandrolon 45 mg Deca-Durabolin
Oxandrolon 100 mg Anavar, Oxitosona
Stanozolol 100 mg Winstrol, Stromba
Metenolon 150 mg Primobolan
1-Testosteron 1 500 mg Systanon, Testoviron
Clenbuterol 2,1 mg Spiropent

Für Peptidhormone wurden folgende Werte festgelegt:

Verbotener Stoff Höchstgrenze
Erythropoetin human (EPO) 24 000 IE
Somatropin, synonym Wachstumshormon human, Growth Hormone (HGH) 16 mg

Doping birgt viele und teilweise auch schwere Gesundheitsrisiken, die trotz deren allgemeiner Bekanntheit eine hohe Anzahl von Sportlern nicht von einer regelmäßigen Einnahme abhalten. Das AntiDopG, welches als Abschreckung dienen und die Gesundheit und Chancengleichheit im Sport schützen soll, stellt einige Handlungen im Zusammenhang mit Doping unter Strafe, mit denen sich die betreffenden Personen auseinandersetzen sollten, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten.

Grundsätzlich stellt das Gesetz Doping im Zusammenhang mit der Herstellung, dem Handeln, dem Verschreiben und Fremdverabreichen in jeglicher Form unter Strafe. Die Eigenverabreichung sowie der Erwerb für eigene Zwecke sind nur strafbar, wenn sie Zwecks einer Wettkampfsverfälschung erfolgen und darüber hinaus in einem „nicht geringen Maß“ aufgefunden werden. Wann genau die Substanz in einem „nicht geringen Maß“ besteht, variiert je nach Dopingmittel.

  Kategorie: Strafrecht
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