Familienrecht: Scheidung – wer muss ausziehen?

Rechtsanwalt Familienrecht Hannover

Wer muss ausziehen? Im Scheidungsrecht – als Unterfall des Familienrechts-ist dies eine Frage, mit der sich die Anwälte in der Praxis häufig auseinandersetzen müssen.

Das Getrenntleben der Ehepartner ist eine Voraussetzung der Scheidung, sodass ein Auszug aus der zuvor gemeinsam bewohnten Ehewohnung oder zumindest eine räumliche Trennung erfolgen muss. Geht es um die Entscheidung, wer von den beiden die zuvor gemeinsam bewohnte Immobilie- sei es Haus oder Wohnung- verlassen muss, kommt es zunächst darauf an, ob es sich dabei um Eigentum oder eine Unterkunft zur Miete handelt.

Als Grundsatz gilt: Jeder Ehegatte hat das Recht, in der Ehewohnung zu bleiben.

Diese Regel gilt zunächst einmal unabhängig davon wer Eigentümer der Immobilie ist oder ob diese nur gemietet ist. Allein der Umstand der bestehenden Ehe berechtigt auch den Ehepartner, der nicht Eigentümer ist, vorerst in der Ehewohnung zu bleiben. Wenn sich ein Ehepaar trennt, kann der eine den anderen also nicht einfach „rauswerfen“. Nach Ablauf des Trennungsjahres gilt dieser Grundsatz jedoch nicht mehr.

Trennung innerhalb der ehelichen Wohnung

Bevor der Scheidungsantrag gestellt werden kann muss das Ehepaar getrennt leben. Dies kann, sofern es die Umstände möglich machen, auch in der gemeinsamen ehelichen Wohnung geschehen. Ist die Immobilie groß genug und lässt sich eine tatschliche räumliche Trennung ermöglichen, muss vorerst keiner der Ehepartner ausziehen. Wenn die Voraussetzungen für einen solchen Fall erfüllt sind, steht eine Trennung in der gemeinsamen Ehewohnung dem für die Scheidung geforderten Getrenntleben nicht im Wege.

Wohnungszuweisung

Können sich die Ehepartner nicht einigen, wer von ihnen ausziehen soll, kann auf ein Gericht auf Antrag darüber entscheiden. Die Wohnung oder das Haus wird dann durch den Richter einem der Ehepartner vorläufig zur alleinigen Nutzung zugesprochen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein Zusammenleben unzumutbar scheint.

Diese Möglichkeit beschränkt sich auf die Trennungszeit, nach der rechtskräftigen Scheidung lässt sich auf diesem Wege keine Lösung finden. Die gerichtliche Wohnungszuweisung ist vom Gesetz auch lediglich als Härtefall vorgesehen. Sind Kinder involviert, zählt während der Trennungszeit besonders ihr Wohl. Dem Ehegatten, der die Kinder betreut, wird regelmäßig das Recht zur Nutzung der Ehewohnung zugesprochen- unabhängig von den Eigentumsverhältnissen. So kann es passieren, dass der Alleineigentümer der Immobilie ausziehen muss und der andere Ehepartner für die Zeit der Trennung, bis zur rechtskräftigen Scheidung, dort wohnen bleiben kann.

Eigentumsverhältnisse

Nach der Trennungszeit, also mit Rechtskraft der Scheidung muss eine endgültige Regelung für die Nutzung der Ehewohnung gefunden werden, sodass sich spätestens dann die Frage stellt: Wer muss ausziehen? Als entscheidendes Kriterium gilt die Eigentümerstellung.

Steht die Immobilie im Alleineigentum eines Ehepartners, so hat dieser eine Weisungsbefugnis und kann den anderen nach der Trennungsphase zum Verlassen der Wohnung oder des Hauses auffordern. Dem ausziehenden Ehepartner steht allerdings eine Karenzzeit zu, in der er sich eine neue Unterkunft suchen kann. Wenn der Alleineigentümer dem anderen Ehegatten nach der Trennung ein beschränktes oder unbeschränktes Wohnrecht einräumt, können Mietzahlungen verlangt werden. Sind beide Ehepartner Miteigentümer an der Immobilie und kann keine Einigkeit über die weitere Nutzung des gemeinsamen Eigentums getroffen werden, kommt es vielfach zu Streit zwischen den geschiedenen Eheleuten.

Als Miteigentümer steht jedem Ehepartner grundsätzlich auch das Wohnrecht an der Immobilie zu. Da dieser Fall, dass beide die Immobilie getrennt voneinander weiter nutzen, in der Praxis eher selten vorkommt, muss regelmäßig eine Lösung für die Zeit nach der rechtskräftigen Scheidung gefunden werden.

Eine Möglichkeit besteht darin, die Immobilie an eine dritte Partei zu verkaufen und den Verkaufserlös auf beide gleichermaßen aufzuteilen. Dafür ist allerdings die beiderseitige Zustimmung zum Verkauf der Immobilie erforderlich. Nach diesem Weg müssten beide Ehepartner ausziehen.

Übertragung der Eigenheim-Anteile

Können sich die Ehepartner nicht über den Verkauf der Immobilie einigen und möchte einer der beiden dort verbleiben, kann eine Übertragung der Eigenheim-Anteile des ausziehenden Ehegattens an den anderen Teil, erfolgen. Davon erfasst ist nicht nur der Eigenheim-Anteil an sich, sondern auch alle auf der Immobilie lastenden Verbindlichkeiten. Als Folge muss der übertragende Ehegatte ausziehen.

Teilungsversteigerung

Als besondere Form der Zwangsversteigerung kann es bei anhaltender Uneinigkeit zwischen den Ehegatten, auf Antrag auch zu einer Teilungsversteigerung kommen. Den Antrag kann nur die Person stellen, die im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Der Erlös wird zu gleichen Teilen auf die Ex-Ehegatten aufgeteilt. Anders als beim Verkauf an einen Dritten, können die Ex-Ehepartner an der offenen Versteigerung teilnehmen und sich so als Höchstbietender das alleinige Eigentum und damit verbunden das Wohnrecht zurückholen. Entstehen dem ausziehenden Ehegatten finanzielle Einbußen, können diese im Rahmen des Zugewinnausgleichs oder den Unterhaltsberechnungen berücksichtigt werden.

Auszug aus einer Mietwohnung

Bei einer gemeinsam genutzten Unterkunft, die nicht im Eigentum des Ehepaares steht, sondern die gemietet ist, verhält es sich ähnlich wie beim Eigentum. Hat nur einer der Ehepartner die Immobilie gemietet, steht auch nur ihm nach der Trennung das weitere Wohnrecht zu.

Zieht der alleinige Mieter aus, kann er den Mietvertrag kündigen und auch der andere muss ausziehen oder einen neuen Mitvertrag mit dem Eigentümer abschließen. Zieht der andere Ehepartner aus, bleibt der Mietvertrag für den alleinigen Mieter unverändert bestehen.

In der Regel schließen Ehepaare allerdings gemeinsam einen Mietvertrag und in diesem Fall steht auch beiden grundsätzlich das Recht zu, die Wohnung im Rahmen des Mietvertrages zu nutzen. Eine Kündigung muss dann von beiden erfolgen, wobei einer der Mieter sich unter Umständen die Zustimmung zur Kündigung per Gerichtsbeschluss beschaffen kann. Möchte einer der Ehepartner in dem Mietobjekt bleiben, kann der Vermieter den Vertrag entsprechend anpassen und einen der Ehegatten aus dem Mietvertrag entlassen. Einen Anspruch darauf, dass der Vermieter den Vertrag mit dem anderen fortführt besteht jedoch nicht.

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