Haftantritt – was sollte beachtet werden?
Wurden Sie zu einer Freiheitsstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt, bedeutet dies für Sie, dass Sie demnächst einige Zeit in einer Justizvollzugsanstalt verbringen müssen. Vor dem Haftantritt sollten Sie aber an einige Dinge denken. Befinden Sie sich erst mal „hinter Gittern“, können Sie viele Dinge selber nicht mehr ohne Weiteres selbst erledigen.
Woran Sie denken sollten, bevor Sie die Haft antreten, erklärt Ihnen Rechtsanwalt Gramm.
Wann und wo muss ich die Haft antreten?
Wann Sie die Haft antreten müssen, hängt davon ab, ob Sie sich im Zeitpunkt der Verurteilung bereits in Untersuchungshaft befunden haben. Wenn dies der Fall ist, werden Sie die Haft voraussichtlich unmittelbar antreten müssen. Befanden Sie sich jedoch bei der Verurteilung auf freiem Fuß, müssen Sie die Haft in der Regel nicht sofort antreten. Sie erhalten vielmehr eine Ladung, in der ein bestimmtes Datum als Haftantritt genannt ist.
Dieser Aufforderung sollten Sie auch dringend nachkommen. Treten Sie Ihre Haft nicht zum vorgeschriebenen Zeitpunkt an wird gegen Sie ein Haftbefehl erlassen. Sie müssen daher damit rechnen, dass die Polizei Sie von zu Hause abholt oder zur Fahndung ausschreibt.
Es kann aber auch vorkommen, dass Sie, auch wenn Sie bei der Verurteilung nicht in Untersuchungshaft waren, sofort die Haft antreten müssen. Dies setzt aber voraus, dass ein Haftgrund, zum Beispiel Fluchtgefahr, vorliegt. Diese Fälle sind jedoch eher selten. Wenn das Gericht nämlich von einem Haftgrund ausgeht, wurde höchstwahrscheinlich die Untersuchungshaft bereits im Vorfeld angeordnet.
In welcher Justizvollzugsanstalt Sie Ihre Strafe absitzen müssen, können Sie nicht bestimmen. Dies richtet sich nämlich nach dem Vollstreckungsplan der jeweiligen Bundesländer. Es besteht jedoch die Möglichkeit einen Antrag auf Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt nach § 8 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (StVollzG) stellen. Sofern Sie plausibel begründen können, dass durch einen Wechsel Ihre Behandlung oder Ihre Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert werden würde. Ein denkbarer Grund wäre zum Beispiel, im offenen Vollzug, die Möglichkeit bei Ihrem bisherigen Arbeitgeber weiterarbeiten zu dürfen. Ob Ihrem Antrag stattgegeben wird, hängt aber immer vom Einzelfall und Ihrer Argumentation ab. Sollten Sie einen Standortwechsel begehren, sollten Sie daher einen Rechtsanwalt für Strafrecht kontaktieren.
Häufige Fragen zum Haftantritt (FAQs)
Was sollte man vor einem Haftantritt tun?
Kümmern sollte man sich um sämtliche Verpflichtungen, die aus Verträgen bestehen. Diese sollten gekündigt oder, für die Dauer der Haft, zumindest ruhen gelassen werden.
Dabei sollten in erster Linie finanzielle Überlegungen eine Rolle spielen, denn schliesslich verfügt man während der Haftzeit über kein Einkommen.
Doch auch bei entsprechenden Rücklagen ist es sinnvoll abgeschlossene Verträge auf Nutzbarkeit zu überprüfen (Fitnesscenter = nein, Zeitschriftenabo = ja).
Was sollte man bei Haftantritt auf jeden Fall mitnehmen?
Die wichtigsten Dokumente wie z.B. Personalausweis, Führerschein, Versicherungskarte der Krankenkasse sowie den Sozialversicherungsausweis. Dazu die Ladung zum Strafantritt.
Wie lässt sich ein Haftantritt umgehen?
Eine verhängte Haftstrafe lässt sich im Regelfall nicht mehr umgehen. Ausnahme: Haftunfähigkeit.
Haftunfähigkeit liegt immer vor bei schwerer psychischer Erkrankung oder akuter Lebensgefahr (z.B. notwendige Operation).
Wichtig! Auf Haftunfähigkeit wird vom Gericht nicht automatisch entschieden (z.B. auf der Vorgeschichte des Täters). Haftunfähigkeit muss beantragt werden.
Kann man den Haftantritt verschieben?
Grundsätzlich sind Sie verpflichtet, die Haft an dem vorgegebenen Termin anzutreten. Gem. § 456 der Strafprozessordnung (StPO) kann auf Antrag die Vollstreckung aber für einen maximalen Zeitraum von vier Monaten aufgeschoben werden. Dies setzt aber voraus, dass durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner Familie erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende, Nachteile erwachsen.
Denkbar wäre hier zum Beispiel ein Aufschub, weil die Ehefrau in den nächsten Wochen eine Entbindung erwartet. Aber auch hier ist die Entscheidung einzelfallbezogen. Die Voraussetzungen für den Strafaufschub sind sehr streng. Daher sollten Sie auch hier einen erfahrenen Strafverteidiger aufsuchen. Dieser wird die Möglichkeit eines Aufschubes prüfen und gegebenenfalls einen Antrag stellen.
Wie lange dauert es bis zum Haftantritt?
Um die wichtigsten Angelegenheiten zu regeln, lässt der Gesetzgeber den zu einer Freiheitsstrafe Verurteilten, in der Regel mindestens 1 Woche Zeit. Sofortiger Haftantritt, direkt aus dem Gerichtssaal heraus, erfolgt nur in den seltensten Fällen, z.B. bei Fluchtgefahr.
Haben Sie Fragen hinsichtlich eines Haftantritts oder zu anderen Themen des Strafrechts?
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Was muss ich vor dem Haftantritt regeln?
Bevor Sie die Haft antreten, sollten Sie sich um alle Verpflichtungen, die Sie haben (insbesondere Verträge) kümmern. Verträge sollten Sie, wenn möglich, kündigen, oder notfalls stilllegen. Immerhin haben Sie während Ihrer Haftzeit kein geregeltes Einkommen, so dass Sie sich schnell verschulden können. Ein negativer Schufaeintrag kann nach Ihrer Entlassung zu weiteren negativen Auswirkungen führen.
Wohnung
Wohnen Sie zur Miete, sollten Sie sich zunächst darum kümmern, ob Sie Ihre Wohnung während Ihrer Abwesenheit weiter bezahlen können.
Bei kurzen Haftzeiten empfiehlt es sich natürlich, wenn möglich, die Wohnung weiter gemietet zu lassen. Gerade in Ballungsgebieten, in denen das Finden einer Mietwohnung ohnehin heikel ist, kann die Suche nach einer Mietwohnung, für einen ehemaligen Inhaftierten, besonders schwer werden.
Bei einer Haftzeit von maximal sechs Monaten besteht die Möglichkeit der Übernahme der Mietkosten durch das Sozialamt. Dies setzt aber voraus, dass Sie die Miete mit eigenen Mitteln nicht aufbringen können und deshalb die Kündigung droht. Alternativ können Sie mit Ihrem Vermieter auch über die Möglichkeit einer Untervermietung sprechen.
Sollte es Ihnen möglich sein, die Wohnung für die Haftzeit zu behalten, sollten Sie Ihren Vermieter aber informieren und gegebenenfalls einen Schlüssel hinterlegen oder einer vertrauten Person überreichen.
Sollte es Ihnen nicht möglich sein, die Wohnung zu behalten, kündigen Sie Ihren Mietvertrag und bitten Sie gegebenenfalls Ihren Vermieter um eine Reduzierung der Kündigungsfrist (Sie haben jedoch keinen Anspruch auf die Verkürzung). Gegenstände, wie zum Beispiel Möbel, sollten Sie einlagern, da Sie sie nach der Haft wieder benötigen werden. Prüfen Sie, ob Ihre JVA oder eine soziale Einrichtung in Ihrer Umgebung eine Einlagerung ermöglicht. Wenn dies nicht der Fall ist, bieten private Anbieter Einlagerungsmöglichkeiten an.
Denken Sie auch daran, eine Postnachsendung bei der Post zu beantragen.
Unterhalt
Der Bundesgerichtshof hat kürzlich erst festgestellt, dass Sie während der Haft grundsätzlich weiter verpflichtet sind Unterhalt zu zahlen. Dies kann aber häufig schwierig sein, da Sie während der Haft kein oder nur ein geringes Einkommen haben. Nach dem BGH muss dabei aber „auch einem Strafgefangenen jedoch grundsätzlich ein Bargeldbetrag verbleiben, um ihm in einem Mindestmaß die Befriedigung solcher Bedürfnisse zu ermöglichen, die über die auf Existenzsicherung ausgerichtete Versorgung durch die Justizvollzugsanstalten hinausgehen“ (BGH AZ: XII ZB 240/14). Dieser Betrag ändert sich jährlich und liegt aktuell etwa bei 35 Euro monatlich. Ein darüber hinaus gehender Betrag muss daher grundsätzlich als Unterhalt geleistet werden.
Dieses Thema ist jedoch im Detail sehr komplex. Bestehen Unterhaltspflichten sollten Sie sich daher von einem Rechtsanwalt beraten lassen. Stellen Sie die Zahlungen eigenmächtig ein, besteht die Gefahr, dass Sie diese gebündelt nachzahlen müssen.
Gas und Strom
Strom- und Gasverträge können Sie kündigen oder stilllegen. So vermeiden Sie unnötige Abschlagszahlungen.
Liegt Ihre Haftzeit jedoch in einer Heizperiode (insb. Oktober bis März) sollten Sie sicherstellen, dass eine ausreichende Beheizung Ihrer Wohnung gesichert ist. Andernfalls kann es zu Schäden an Rohren und der Wohnung selbst kommen. In diesem Fall sollten Sie Ihren Gasanschluss daher vorsichtshalber nicht kündigen. Sie können aber den Abschlag reduzieren.
Arbeits- oder Ausbildungsstätte
Informieren Sie ihren Arbeitgeber über Ihre Abwesenheit und besprechen Sie, ob die Möglichkeit besteht, den Arbeitsvertrag ruhen zu lassen und nach Ihrer Entlassung weiterzuarbeiten. Eventuell besteht sogar die Möglichkeit des offenen Vollzuges.
Sprechen Sie diesbezüglich mit Ihrem Rechtsanwalt. Dieser wird die Möglichkeit des offenen Vollzuges prüfen.
Agentur für Arbeit / Jobcenter / Sozialamt
Sollten Sie Leistungen, wie zum Beispiel Arbeitslosengeld oder Sozialleistungen erhalten, teilen Sie Ihrem zuständigen Jobcenter/Sozialamt/etc. die Haft mit. So vermeiden Sie den Erhalt von ungerechtfertigten Leistungen, die Sie zurückzahlen müssen.
Versicherungen und Verträge
Kündigen Sie alle Versicherungen und Verträge, die Sie nicht mehr benötigen. Beachten Sie dabei aber die jeweiligen Kündigungsfristen. Sollte eine Kündigung nicht rechtzeitig möglich sein, bieten viele Unternehmen eine vorübergehende Vertragsstilllegung an. Dies gilt insbesondere für Internet- und Mobilfunkanbieter. Ihre Krankenkasse können Sie beruhigt kündigen. Während der Haft sind Sie über die Anstalt medizinisch abgesichert. Dies gilt aber nicht für Ihre Familienangehörige. Diese benötigen, falls sie zuvor familienversichert waren, eine eigene.
Haustiere
Sorgen Sie dafür, dass für die Verpflegung von Haustieren während Ihrer Haft gesorgt ist. Geben Sie sie in die Fürsorge von vertrauten Personen oder dem Tierheim. Sollten Sie die Kosten für die Unterbringung nicht tragen können, müssen Sie ihr Tier leider zur Weitervermittlung freigeben.
Was muss ich beim eigentlichen Haftantritt beachten?
Erscheinen Sie zum Haftantritt pünktlich und nüchtern, also ohne den Einfluss von Drogen oder Alkohol. Informieren Sie sich im Vorfeld, welche Unterlagen Sie mitbringen müssen (Ausweis, Stellungsbefehl, etc.) und ob es eine Kleiderordnung gibt. In einigen Justizvollzugsanstalten dürfen Sie Ihre eigenen Anziehsachen tragen.
In der Haft dürfen Sie ihr Handy nicht verwenden. Notieren Sie sich daher wichtige Telefonnummern und Adressen. Bei weiteren Fragen sollten Sie sich an Rechtsanwalt Gramm im Strafrecht wenden.
Ich freue mich auf Ihren Anruf!
Sascha Gramm
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