Haftentlassung: Wie kann man vorzeitig aus der Haft entlassen werden?

Wer eine Straftat begangen hat und dafür verurteilt wurde, muss seine Strafe absitzen. So lautet die Regel. Doch es gibt wenig Regeln ohne Ausnahme. Das gilt auch für das Strafgesetzbuch. Unter bestimmten Bedingungen lässt der Gesetzesgeber eine vorzeitige Entlassung aus der Haft zu. Die Hürden dafür sind hoch, aber nicht unüberwindbar.

Vorzeitige Entlassung aus der Haft – Welche Bedingungen müssen vorliegen?

Das Strafgesetzbuch sieht eindeutige Regeln vor, nach denen eine vorzeitige Entlassung in Erwägung gezogen werden kann. Zuständig für Entscheidungen dieser Art ist die Strafvollstreckungskammer des zuständigen Landgerichts. An diese kann sich ein Häftling wenden, wenn er eine vorzeitige Entlassung beantragen will. Das gilt nicht, wenn lebenslange Haftstrafen verhängt wurden. Hier greifen andere Regelungen.
Was wenige wissen: Es besteht unter gewissen Umständen sogar ein Rechtsanspruch auf vorzeitige Haftentlassung. In dem Fall wird eine Entscheidung von Amts wegen getroffen. Allerdings muss der Häftling damit einverstanden sein, wie bei allen anderen Arten der vorzeitigen Entlassung auch.

Entlassung nach der Hälfte der verbüßten Haftzeit

Eine Entlassung nach halb verbüßter Haftzeit ist die erste Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung. Laut § 57 Absatz 2 des StGB kann eine verurteilte Person bereits nach der Hälfte der angeordneten Gefängnisstrafe entlassen werden. Hier liegt die Entscheidung allein beim Gericht, das über diese Haftaussetzung nach eigenem Ermessen entscheiden kann. Voraussetzung ist in der Regel, dass es sich um einen „Ersttäter“ handelt, also um jemanden, der noch nie im Gefängnis war. Weiter muss dieser Täter mindestens sechs Monate in Haft verbracht haben. Dabei hat das Gericht die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit in diesen Fällen besonders im Auge.

Für diese Art der gerichtlichen Entscheidung ist eine günstige Sozialprognose allein nicht ausreichend. Die Milderungsgründe, die zu einer Entlassung führen, müssen deutlich über das übliche Maß hinausgehen. Dabei kann die Täterpersönlichkeit eine Rolle spielen oder die Umstände, die ihn zu der Tat veranlasst haben. In jedem Fall muss sich im Hinblick auf die besonderen Tatumstände das gesamte Tatgeschehen so deutlich von anderen Taten abheben, dass das Gericht besondere Milderung geltend macht und eine Entlassung befürwortet. Natürlich wird, wie in den anderen Fällen auch, vom Gericht genau geprüft, ob von dem Inhaftierten eine Gefährdung des Allgemeinwohls ausgehen kann.

Was bedeutet die Zwei-Drittel Strafe?

Die Zwei-Drittel-Strafe ist eine strafvollzugsrechtliche Regelung, die aus dem § 57 StGB hervorgeht. Sie besagt, dass nach Verbüßung von zwei Dritteln der Haftzeit die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt wird. Dieses Aussetzen ist an verschiedene Bedingungen geknüpft.
Die wichtigste Bedingung ist, dass es sich bei der Haftstrafe nicht um eine lebenslang verhängte Strafe handeln darf. Der nächste wichtige Punkt ist, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch sein muss, dass der Täter zukünftig straffrei bleibt. Laut § 57 Abs. 1 StGB gehört zu den Bedingungen auch, dass der Inhaftierte mindestens zwei Monate seiner Haftzeit verbüßt haben muss. Die letzte Bedingung ist, dass der Inhaftierte mit der geplanten Maßnahme einverstanden ist.


Gerade auch in diesen Fällen überprüft das Gericht zum einen die Persönlichkeit des inhaftierten Täters. Sie untersucht sein Vorleben und die Umstände, unter denen der Täter zum Zeitpunkt der Tat gelebt hat. Es versucht auch eine Einschätzung darüber, wie das Rechtsgut zu bewerten ist, das bei einem möglichen Rückfall des Täters in Gefahr geraten könnte. Auch das Verhalten des Inhaftierten während seiner Haftzeit wird genau überprüft. Hier werden die Justizbeamten befragt und andere Personen, die über das Verhalten Auskunft geben können. Das können der Anstaltspsychologe oder andere Betreuungspersonen sein, mit denen der Inhaftierte Kontakt hatte.


Wichtig für eine richterliche Entscheidung ist die Sozialprognose. Dazu wird begutachtet, wie das künftige soziale Umfeld und die sozialen Kontakte aussehen. Künftiger Arbeitsplatz und Wohnung fallen auch ins Gewicht. Wenn alle Entscheidungskriterien zugunsten des Inhaftierten ausfallen, steht einer vorzeitigen Entlassung aus der Haft nichts im Wege. Die Reststrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Für drogensüchtige Straftäter gelten bestimmte Sonderregelungen. Wenn sie sich einer Therapie unterziehen, kann die Haftstrafe ganz oder teilweise ausgesetzt werden. Nach erfolgreichem Drogenentzug wird ihre Reststrafe in der Regel zur Bewährung ausgesetzt.

Sonderregelungen bei lebenslanger Haftstrafe


Lebenslange Freiheitsstrafen werden bei besonders schweren Straftaten wie etwa Mord verhängt. Hier greift der § 57 a des StBG, wenn es um ein Gesuch auf vorzeitige Entlassung aus der Haft geht. So kann ein Strafgefangener erstmals nach 15 Jahren Haft einen entsprechenden Antrag stellen.
Die vorzeitige Entlassung bei lebenslanger Haft geschieht unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde. So hat es das Bundesverfassungsgericht entschieden und damit versucht, das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit, das Rechtsstaatsystem und die Würde eines Menschen in Einklang zu bringen. Wer sich in Haft befindet, sollte – trotz schwerer Straftat – auch Hoffnung haben, irgendwann wieder in Freiheit leben zu können. Das Ganze geschieht allerdings mit der Einschränkung, dass bei der Urteilsverkündung keine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde.
Wenn ein Gericht eine lebenslange Freiheitsstrafe zur Bewährung aussetzt, sind die Hürden entsprechend hoch. Das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit bekommt dabei besondere Aufmerksamkeit. Auch hier werden wieder die Sozialprognose, Täterpersönlichkeit und Verhalten während der Haftzeit in die Beurteilung aufgenommen. Kommt das Gericht zu einer ablehnenden Entscheidung, so kann der Betroffene sich erst nach zwei Jahren erneut um seine Entlassung bemühen.

Was tun nach der Haftentlassung?


Nach der Haftentlassung wird die noch zu verbüßende Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt. Das heißt, dass der Betroffene während dieser Zeit keine Straftaten begehen darf. Außerdem muss er mit bestimmten Auflagen und Weisungen rechnen, an die er sich zu halten hat. Das können bestimmte Meldepflichten oder Kontaktverbote sein.


Wer auf Bewährung frei ist, bekommt in manchen Fällen einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt, der ihn zum einen in vielen Alltagsdingen unterstützt und berät, zum anderen aber auch die Auflagen der Bewährung überwacht. So unterstützen Bewährungshelfer zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, falls das erforderlich ist. Eine ihrer anderen Aufgaben ist, Schritte zur Wiedergutmachung anzubahnen oder, falls das angeordnet wurde, einen Drogenentzug einzuleiten oder zu überwachen. Andererseits kooperieren sie mit den Behörden und erstatten dem Gericht, das die Bewährungsaufsicht führt, regelmäßig Bericht. In diesem Sinn überwachen sie den gesamten Bewährungsverlauf. Bei Verstößen gegen die Bewährungsauflagen oder erneuten Straftaten informieren sie umgehend das zuständige Gericht. Das Begehen einer Straftat hat zur Konsequenz, dass die Bewährung verfällt und der Betreffende erneut in Haft kommt und seine Reststrafe absitzen muss.