§ 81a StPO: die Zulässigkeit der körperlichen Untersuchung in der Strafprozessordnung und die Verwertbarkeit der Befunde
Grundsätzlich darf die körperliche Untersuchung des Beschuldigten angeordnet werden, wenn so die Feststellung von Tatsachen möglich ist, die für das Verfahren von Bedeutung sind.
Welche Maßnahmen sind von der körperlichen Untersuchung erfasst?
Erfasst sind Maßnahmen, bei denen der Körper und die natürlichen Körperöffnung des Beschuldigten untersucht werden, um beispielsweise Tatspuren an seinem Körper feststellen zu können, wie Wunden oder Schmauchspuren. Bei der einfachen körperlichen Untersuchung dürfen keine körperlichen Eingriffe an dem Beschuldigten vorgenommen werden. Allerdings regelt der §81a StPO auch noch andere körperliche Eingriffe, welche weitergehende Maßnahmen am Körper des Beschuldigten erlaubt.
Ausdrücklich geregelt ist auch die Entnahme von Blutproben. Daneben dürfen auch andere körperliche Eingriffe vorgenommen werden. Dieser körperliche Eingriff unterscheidet sich von der einfachen körperlichen Untersuchung darin, dass dem Körper des Beschuldigten hier Verletzungen beigebracht werden können, unabhängig wie geringfügig sie sind. Ein solcher Eingriff liegt zum Beispiel insbesondere dann vor, wenn Körperzellen, Harn, Samen oder andere Körperflüssigkeiten entnommen werden oder wenn dem Körper Stoffe zugeführt werden oder in anderer Form in das Körperinnere eingegriffen wird.
Weitere zulässige Eingriffe sind beispielsweise die Computer-Tomographie, eine Hirnstromuntersuchung, Röntgenaufnahmen und Röntgendurchleuchtungen. Aufgrund ihrer Gefährlichkeit unzulässig sind zum Beispiel die Angiographie, also die Darstellung von Blutgefäßen mittels eines Bildgebungsverfahrens zu dessen Durchführung meist ein Kontrastmittel in das Blutgefäß injiziert wird.
Soll eine besonders schwere Straftat aufgeklärt werden, so können noch Maßnahmen zulässig sein wie das Verabreichen von Brech- oder Abführmitteln oder die Entnahme von Rückenmarks- oder Gehirnflüssigkeit.
Werden zur Vorbereitung für einen Eingriff dem Beschuldigten Bart oder Haare rasiert, so handelt es sich dabei nicht um einen Eingriff und unterfällt soweit nicht den Voraussetzungen der körperlichen Untersuchung. Auch kann durch eine besondere richterliche Anordnung der Beschuldigte zur Vorbereitung des Eingriffs in einem Krankenhaus untergebracht werden.
Die weiteren Voraussetzungen der Untersuchung:
Notwendigkeit eines Arztes:
Diese körperlichen Eingriffe dürfen nur von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommen werden. Handelt es sich bei einem Eingriff um eine neuartige Untersuchungsmethode für welche noch keine Regeln der ärztlichen Kunst bestehen, so ist der Eingriff unzulässig.
Auch sind die Anwendung von Hypnose oder Narkose immer unzulässig.
Gesundheitliche Nachteile:
Die körperliche Untersuchung darf auch keine gesundheitlichen Nachteile für den Beschuldigten bedeuten. Für die Bewertung, ob ein gesundheitlicher Nachteil entstehen kann ist nicht nur die Art des Eingriffs wichtig, sondern ebenso der momentane gesundheitliche Zustand des Beschuldigten. Als gesundheitlicher Nachteil werden aber keine kurzweiligen Zustände wie Schmerzen gewertet, sondern es muss sich um erhebliche über die Untersuchungsdauer hinauswirkende Beeinträchtigungen handeln.
Verhältnismäßigkeit:
Der körperliche Eingriff muss auch immer verhältnismäßig zum Tatverdacht und zu der Schwere der Tat sein. Zum Beispiel sind einfach Untersuchungen des Gehirns nur bei sehr schwerwiegenden Beschuldigungen zu rechtfertigen.
Richterliche Anordnung:
Grundsätzlich hat ein Richter eine solche körperliche Untersuchung anzuordnen und nur bei Gefahr im Verzug steht diese Kompetenz auch der Staatsanwaltschaft oder ihren Ermittlungspersonen zu. Und auch bei Gefahr im Verzug soll zuerst versucht werden, wenn möglich noch eine mündliche Anordnung eines Richters zu bekommen. Aufgrund der Schwere des Eingriffs in die Rechte des Beschuldigten muss die Staatsanwaltschaft genau begründen, warum die Untersuchung angeordnet wurde und in wie weit der Untersuchungserfolg gefährdet gewesen wäre, hätte sie die Anordnung des Richters abgewartet. Bei schweren Eingriffen ist der Richter immer zuständig, sie können also nicht von der Staatsanwaltschaft oder der Polizei angeordnet werden.
Im Bereich der Blutprobenentnahme ist die Rechtsprechung uneinheitlich, was das Vorliegen der Gefahr im Verzug betrifft. So soll auch in diesem Bereich immer erst versucht werden die Anordnung des Richters zu bekommen und nicht schon aufgrund des körpereigenen Abbaus des Alkohols Gefahr im Verzug vorliegen. Versucht der Beschuldigte sich zu entfernen in der Zeit, in welcher versucht wird die richterliche Anordnung einzuholen, so liegt dann Gefahr im Verzug vor. Willigt die Person aber in die Untersuchung ein, so ist die Anordnung nicht mehr notwendig.
Welche Befunde der körperlichen Untersuchung sind verwertbar und welche sind unverwertbar?
Die fälschliche Annahme der Staatsanwaltschaft oder der Ermittlungsbeamten es läge Gefahr im Verzug vor führt noch nicht zu einer Unverwertbarkeit. Nur wenn die richterliche Zuständigkeit absichtlich umgangen wird oder Gefahr im Verzug willkürlich angenommen wird, können die Beweise unverwertbar sein.
Unverwertbar sind die Untersuchungsergebnisse, wenn weder eine Einwilligung des Beschuldigten noch eine Anordnung vorliegt. Eine Unverwertbarkeit ergibt sich auch, wenn beispielsweise ein Polizeibeamter absichtlich vortäuscht, dass die Untersuchung von einem Arzt vorgenommen wird oder wenn dem Beschuldigten eine Mitwirkungspflicht vorgetäuscht wird. Der Beschuldigte ist nämlich nur dazu verpflichtet die Untersuchung zu dulden, nicht aber selber aktiv mitzuwirken.
Es führt auch nicht zur grundsätzlichen Unverwertbarkeit, wenn der Beschuldigte nicht über die Freiwilligkeit der Mitwirkung belehrt wurde oder wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht eingehalten wurde oder wenn die Untersuchung nicht von einem Arzt durchgeführt wurde.
Zu beachten ist, dass die Ergebnisse verwertbar sind, aber zum Beispiel der Nicht-Arzt sich dennoch strafbar macht, wenn er eine solche Untersuchung durchführt.
Weitere Verwendung des erlangten Materials aus der Untersuchung:
Neben der Verwertung im Verfahren können an dem erlangten Material auch molekulargenetische Untersuchungen durchgeführt werden, um abzugleichen, ob Spurenmaterial vom Verletzten oder vom Beschuldigten stammt. Diese molekulargenetischen Untersuchungen dürfen darüber hinaus auch an aufgefundenem Spurenmaterial durchgeführt werden. Die gewonnenen Ergebnisse dürfen ausschließlich für das Strafverfahren verwendet werden. Auch soll das Material vernichtet werden, sobald es im Verfahren nicht mehr gebraucht wird. Dies bezieht sich aber nur auf das Material an sich, nicht aber auf die gewonnenen Ergebnisse die in den Akten festgehalten werden.
Welche Möglichkeiten bestehen für den Beschuldigten sich gegen die Anordnung zu wehren?
Die richterliche Anordnung der Untersuchung kann der Beschuldigte Beschwerde einlegen.
Bei einer Anordnung durch die Staatsanwaltschaft oder durch die Polizei kann der Beschuldigte einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung stellen. Da Gefahr im Verzug vorliegt, werden die Anordnung von Staatsanwaltschaft und Polizei zwar sofort vollzogen, allerdings ist eine Feststellung der Rechtmäßigkeit bzw. der möglichen Rechtswidrigkeit auch im Nachhinein noch möglich.
Die Abgrenzung zur Durchsuchung des Beschuldigten:
Die Durchsuchung des Beschuldigten dient einem anderen Zweck als die Untersuchung. Im Gegensatz zur Untersuchung dient die Durchsuchung dem Auffinden von Gegenständen unter oder an der Kleidung oder in den Körperöffnungen des Beschuldigten. Nicht erfasst ist hier das Durchsuchen des Körperinneren des Verdächtigen.
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