Beschuldigtenvernehmung im Strafrecht – welche Vernehmungsmethoden sind verboten?

Rechtsanwalt Strafrecht HannoverWie verläuft die Vernehmung nach der StPO, welche Rechte stehen dem Beschuldigten zu und welche Vernehmungsmethoden sind verboten?

Wird der Beschuldigte zur Vernehmung von der Staatsanwaltschaft geladen, so ist er zum Erscheinen verpflichtet.

Kommt der Beschuldigte nicht zur Vernehmung, so kann die Staatsanwaltschaft ihn vorführen lassen, das heißt, die Staatsanwaltschaft kann die Anwesenheit des Beschuldigten erzwingen, indem sie ihn, meist von der Polizei, zur Vernehmung bringen lässt.

Der Beginn der Vernehmung durch Staatsanwaltschaft und Polizei:

Im Ermittlungsverfahren muss der Beschuldigte von der Staatsanwaltschaft und Polizei vernommen werden. Dies dient nicht nur der Erfüllung der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung, sondern soll dem Beschuldigten auch eine Möglichkeit geben von seinem Recht auf rechtliches Gehör Gebrauch zu machen.

In Bezug auf die Angabe der Personalien ist der Beschuldigte auch verpflichtet Angaben zu machen. Das Aussageverweigerungsrecht bezieht sich nur auf Angaben zu Sache, also auf die Informationen, die im Zusammenhang mit der ihm vorgeworfenen Straftat stehen.

Pflichten der Vernehmenden:

Bei der ersten Vernehmung durch die Ermittlungsbeamten, also Staatsanwaltschaft und Polizei, ist der Beschuldigte über die ihm zur Last gelegte Tat aufzuklären und über seine Rechte zu belehren.
Er ist auf sein Recht hinzuweisen, die Aussage auch verweigern zu dürfen. Er muss auch über sein Recht der Verteidigerkonsultation aufgeklärt werden, also das Recht einen Anwalt zur Vernehmung hinzuziehen zu können.

Daneben muss er auch auf sein Beweisantragsrecht hingewiesen werden, ebenso wie darauf, dass er sich, wenn notwendig, auch schriftlich äußern kann.

Verlangt der Beschuldigte sodann einen Verteidiger hinzuziehen zu können, so muss die Vernehmung aufgeschoben werden, bis sich der Beschuldigte mit dem Verteidiger besprochen hat.
Eine Fortsetzung der Vernehmung ohne Hinzuziehung eines Verteidigers ist nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Zum einen, wenn der Beschuldigte nochmals ausdrücklich auf sein Recht der Verteidigerkonsultation hingewiesen wurde und trotzdem einverstanden ist, ohne Anwalt die Vernehmung fortzusetzen. Zum anderen, wenn ernstliche Bemühungen der Beamten gescheitert sind, sich mit dem Verteidiger in Verbindung zu setzen.

Folgen von Verstößen gegen die Belehrungspflicht:

Grundsätzlich führt ein Verstoß gegen eine der Belehrungspflichten zu einem Verwertungsverbot der Aussagen gegenüber dem Beschuldigten. Eine Verwertung ist nur dann trotzdem noch möglich, wenn sicher ist, dass der Beschuldigte sein Recht zu schweigen auch ohne Belehrung kannte oder wenn der verteidigte Angeklagte in der Hauptverhandlung einer Verwertung zustimmt oder dieser nicht widerspricht.

Eine Vernehmung, die zur Belehrung verpflichtet, liegt aber noch nicht vor, wenn bei einer rein informatorischen Anhörung einer Person, diese unaufgefordert spontane Äußerungen macht. Führt diese Äußerung dann dazu, dass sie Person als Beschuldigter anzusehen ist, sind die spontan getätigten Äußerungen auch noch gegen die Person verwertbar.

Welche Vernehmungsmethoden sind verboten?

Das Gesetz regelt in einem eigenen Paragraphen, welche Vernehmungsmethoden nicht erlaubt sind (§136a StPO). Die Vorschrift gilt auch für Zeugen und Sachverständige.

Geschützt wird die freie Willensentschließung und –Betätigung. Der Beschuldigte darf nicht misshandelt oder ermüdet werden. Außerdem dürfen keine körperlichen Eingriffe vorgenommen oder ihm Mittel verabreicht werden.

Unzulässig sind auch alle Mittel, die ihn seelisch beeinflussen sollen, also Täuschung, Hypnose, Drohung mit verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahmen oder das Versprechen eines rechtlichen Vorteils oder Quälerei. Daneben sind auch alle Formen des prozesswidrigen Zwangs verboten sowie Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die Einsichtsfähigkeit beeinträchtigen.

Die oben genannte Aufzählung ist nur beispielhaft und soll zeigen, dass alle Methoden, mit denen die Willensbildung bzw. die Willensbetätigung des Beschuldigten beeinträchtigt wird verboten sind.

Die verbotenen Methoden im Einzelnen:

Unter den Begriff der Misshandlung fallen nicht nur Beeinträchtigungen wie Schläge oder Tritte, sondern auch Handlungen wie das Verursachen von Lärm oder das starke Beleuchtung bei der Vernehmung. Das Merkmal der Ermüdung des Beschuldigten erfasst nur Extremfälle, also Vernehmungen die 30 Stunden ohne Schlaf überschreiten und so zur Beeinträchtigung der Willensbildung führen.

Das Verabreichen von Mitteln:

Das Verabreichen von Mitteln umschreibt das Beibringen von festen, gasförmigen oder flüssigen Stoffen in den Körper des Beschuldigten, die zum Beispiel hemmungslösen, betäubend oder berauschend wirken. Darunter fallen aber nicht Nahrungsmittel, wie Tee, Kaffee oder Schokolade, die der Erfrischung oder Stärkung dienen sollen. Wird jemand in alkoholisiertem Zustand vernommen, so kommt es auf seine Verhandlungsfähigkeit an bei der Frage ob die Aussage verwertbar ist.

Quälerei:

Die Quälerei beschreibt das Zufügen von andauernden oder sich widerholenden körperlichen oder seelischen Schmerzen. Das kann auch das fortdauernde Beleidigen des Beschuldigten erfassen und in bestimmten Fällen auch das Hinführen zum Leichnam des Opfers.

Täuschung des Beschuldigten:

Bei der Täuschung kann sich entweder auf Rechtsfrage oder auf tatsächliche Umstände beziehen.
Eine Täuschung über eine Rechtsfrage würde beispielsweise darin bestehen, dass dem Beschuldigten vorgemacht wird, er werde als Zeuge vernommen, sodass ihn eine Wahrheitspflicht träfe oder wenn ihm gesagt wird, dass sein Schweigen im Prozess gegen ihn verwendet werden dürfte.

Eine Täuschung über tatsächliche Umstände wäre darin zu sehen, wenn dem Beschuldigten bei der Vernehmung vorgemacht wird, dass seine Schuld schon erwiesen sei, weil eine erdrückende Beweislast vorliege. Werden dem Beschuldigten aber Fangfragen gestellt oder geben die Ermittlungsbeamten doppeldeutige Erklärungen ab, so ist dies keine verbotene Täuschung des Beschuldigten.

Hypnose:

Hypnose bedeutet, dass der bewusste Willen einer Person ausgeschaltet wird und auf die vom Hypnotisierenden gewünschte Vorstellungsrichtung eingeengt wird.
Wünschen Zeugen die Hypnose zur Auffrischung ihrer Erinnerung, so ist sie aber zulässig.

Anwendung von prozesswidrigem Zwang:

Anwendung von prozesswidrigem Zwang bedeutet, dass die im Gesetz vorgesehenen Zwangsmaßnahmen nicht für den vorgesehenen Zweck verwendet werden. So darf keine Untersuchungshaft angeordnet werden, um den Willen des Beschuldigten zu brechen und so ein Geständnis von ihm zu erlangen, sondern sie ist nur bei Vorliegen eines Haftgrundes nach dem Gesetz zulässig.

Drohung mit verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahmen:

Es wird mit einer verfahrensrechtlich unzulässigen Maßnahme gedroht, wenn der Vernehmende dem Beschuldigten vormacht auf die Anordnung einer solchen Maßnahme Einfluss zu haben. So kann dem Beschuldigten nicht mit der Einweisung in eine Entzugsklinik oder in eine Psychiatrie durch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei gedroht werden. Zulässige Maßnahmen dürfen angedroht werden, wenn zugleich zum Ausdruck kommt, dass sie nicht willkürlich angeordnet werden, sondern sie sachlich notwendig sind.

Versprechen eines verfahrensrechtlichen Vorteils:

Darunter fallen Versprechungen, die von dem Vernehmenden nicht getätigt werden dürfen. So kann dem Beschuldigten nicht eine Strafmilderung bei Geständnis in Aussicht gestellt werden. Er darf lediglich darauf hingewiesen werden, dass die Möglichkeit einer Strafmilderung im Falle eines Geständnisses besteht.

Folgen bei Verstoß gegen die verbotenen Vernehmungsmethoden:

Aussagen, die bei einer Vernehmung unter Anwendung einer der verbotenen Vernehmungsmethoden gemacht wurden, sind immer unverwertbar. Es ist vollkommen irrelevant, ob der Beschuldigte einer Verwertung zustimmt oder die Vernehmungsmethode mit Einwilligung des Beschuldigten erfolgt ist.

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