Nach der Scheidung: Wer erhält das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder? Bei wem darf das Kind nach der Trennung leben?
Grundsätzlich gilt, dass die Eltern während der Ehe und auch nach der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht für das Kind innehaben. Soll es zu einer Neuregelung des Sorgerechts für das Kind kommen, so muss einer der Elternteile einen Antrag vor dem Familiengericht stellen. Ein solcher Antrag kann entweder schon während des Scheidungsverfahrens oder auch danach gestellt werden.
Der Antrag auf Übertragung der Alleinsorge bei Getrenntlebenden:
Damit einem solchen Antrag stattgegeben wird ist Voraussetzung, dass der andere Elternteil der Übertragung des Sorgerechts zustimmt, es sei denn das Kind ist 14 Jahre oder älter und wiederspricht der Übertragung des Sorgerechts.
Dem Antrag muss aber auch stattgegeben werden, wenn die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Kindeswohl am meisten entspricht.
Der ersten Fallgruppe, der Übertragung der elterlichen Sorge durch Zustimmung des anderen Elternteils, kommt in der Praxis eher geringe Bedeutung zu, weil getrennt lebende Eltern, die sich über die Ausübung der Sorge geeinigt haben keinen Grund sehen das Gericht in dieser Sache noch anzurufen.
Können sich die Eltern nicht über die Verteilung des Sorgerechts einigen, so kann das Gericht dem antragstellenden Elternteil die elterliche Sorge nach der zweiten Fallgruppe übertragen.
Maßgeblich ist bei dieser in Entscheidung bei welchem Elternteil das Kind am besten aufgehoben ist. Es wird also darüber entscheiden, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat und wem das Alleinentscheidungsrecht in Alltagsangelegenheiten zugesprochen wird.
Was beinhaltet der Begriff „Kindeswohl“?
Um eine Entscheidung zu finden, mit welchem es dem Kind voraussichtlich am besten gehen wird, werden im Verfahren bestimmte Aspekte untersucht.
Es wird danach gefragt, mit welcher Regelung das Kind vermutlich die besseren Entwicklungsbedingungen hat, das Interesse des Kindes an kontinuierlicher Entwicklung besser Rechnung getragen werden kann und zu welchem Elternteil das Kind die belastbarere Bindung hat welcher Elternteil eher bereit ist die Bindungen des Kindes an den anderen Elternteil zu erhalten und zu fördern.
Im Fall des Vorhandenseins von Geschwistern muss auch danach gefragt werden mit welcher Konstellation die Bindung an die Geschwister und andere Bezugspersonen, zum Beispiel die Großeltern, besser gewährleistet wird.
Zuletzt muss aber natürlich auch darauf geachtet werden, dass die gefundene Entscheidung auch dem Willen und der Neigung des Kindes entspricht.
Neben all den oben genannten Punkten muss das Gericht auch eine Gesamtbetrachtung über das Kindeswohl anstellen, so dass es nicht zu einer übergroßen Gewichtung eines der Kriterien kommt.
Umfang der Übertragung der elterlichen Sorge:
Die elterliche Sorge unterteilt sich nochmals in die Personensorge für das Kind und in die Vermögenssorge des Kindes.
Neben der vollen elterlichen Sorge kann es auch nur zu einer Teilübertragung der Alleinsorge kommen. So kann beispielsweise ausschließlich die Vermögenssorge einem Elternteil übertragen werden, weil sich der andere in Vermögensangelegenheiten als unzuverlässig erwiesen hat. Problematisch ist die Aufteilung des Sorgerechts allerdings im Bereich der Personensorge für das Kind, denn dieser Bereich lässt sich schwerer in einzelne, klar abtrennbare Gebiete unterteilen.
Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht des Kindes:
Das Recht zur Aufenthaltsbestimmung ist Teil der Personensorge, welche im Regelfall beiden Eltern obliegt.
Da es sich bei der Entscheidung darüber, bei wem das Kind in Zukunft wohnen soll um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt, ist bei der Entscheidung Übereinstimmung der Eltern erforderlich. Das Familiengericht entscheidet in dieser Streitigkeit nur auf Antrag eines Elternteils.
Wie auch im Verfahren um das Sorgerecht ist bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht das Kindeswohl der entscheidende Faktor.
Das Alleinentscheidungsrecht bei alltäglichen Angelegenheiten:
Mit der Entscheidung darüber, bei wem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat ergibt sich auch, welcher Elternteil das Alleinentscheidungsrecht in Angelegenheiten des täglichen Lebens hat.
Zu den Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben.
Die alltäglichen Angelegenheiten werden abgegrenzt zu den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass Fragen grundsätzlicher Art von den Eltern gemeinsam entscheiden werden müssen, sofern noch ein gemeinsames Sorgerecht besteht.
Die Ausgestaltung und Ausführung nach der Entscheidung über die grundsätzliche Frage kann allerdings durchaus eine alltägliche Angelegenheit darstellen.
So ist die Frage welche Schulart und welche Schule genau ein Kind besuchen soll eindeutig eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung. Die Klärung der Frage, wer das Kind von der Schule abholt oder wie es morgens zur Schule kommt ist hingegen dann eine Angelegenheit des täglichen Lebens und obliegt in seiner Entscheidung somit dem betreuenden Elternteil.
Die religiöse Erziehung des Kindes ist keine alltägliche Angelegenheit ebenso wie die Verfolgung der grundsätzlichen Erziehungsmaximen.
Geht es um die medizinische Versorgung des Kindes so unterfallen die routinemäßigen Untersuchungen und Behandlungen den alltäglichen Angelegenheiten.
Bei lang dauernden Behandlungen, Operationen und Therapien handelt es sich allerdings um bedeutende Angelegenheiten, die die Zustimmung beider Elternteile erforderlich machen.
Ausnahmen ergeben sich allerdings in Eil- oder Notfällen.
Das Umgangsrecht des anderen Elternteils:
Das Gesetz geht im Grunde nach davon aus, dass es für das Wohl des Kindes am besten ist, wenn es Kontakt zu beiden Elternteilen, auch nach der Trennung, hat.
Das Recht auf Umgang eines Elternteils ist gesetzlich festgelegt und seine Verletzung kann unter Umständen sogar zu Schadensersatzansprüchen führen.
Dieses Recht soll in erster Linie durch die Eltern selbst ausgestaltet werden, das heißt sie sollen sich darüber einigen wie oft und wie lange der Elternteil, bei welchem das Kind nicht lebt, mit dem Kind Umgang haben darf.
Können sich die Eltern nicht über das Umgangsrecht einigen, so kann entweder beim Familiengericht ein Antrag auf Regelung des Umgangs gestellt werden oder das Gericht kann von Amts wegen tätig werden.
Die Entscheidung des Gerichts muss Art, Zeitpunkt, Dauer und Ort der Hinführung des Kindes zu Beginn und, wenn notwendig, auch zu Ende des Umgangs beinhalten.
Es kann sogar der Ort des persönlichen Umgangs an sich festgelegt werden.
Gibt es keine Einigung vor Gericht, so ist das Gericht nicht an die Anträge der Eltern gebunden, sondern kann den Umgang so festlegen, wie er dem Kindeswohl am besten entspricht. Also steht auch hier wieder das Kindeswohl an oberster Stelle, sodass bei der inhaltlichen Bestimmung des persönlichen Umgangs die Wünsche und der Wille des Kindes ausreichend berücksichtigt werden muss.
Ausschluss des Umgangsrechts:
In besonderen Fällen kann das Umgangsrecht des anderen Elternteils für längere Zeit oder sogar auf Dauer eingeschränkt oder sogar ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist, dass bei einem weiteren Umgang des Kindes mit dem Umgangsberechtigten eine Gefährdung des Kindeswohls eintritt.
Gefährdung des Kindeswohls bedeutet, dass es bei weiterem Umgang zu einer Gefährdung der körperlichen oder seelischen Entwicklung des Kindes kommen würde.
Für den Ausschluss müssen konkrete, das Wohl des individuellen Kindes gefährdende Gründe vorgebracht werden. Eine Einschränkung des Umgangsrechts geschieht auch erst nach vollständiger Sachverhaltsaufklärung.
So kann es beispielsweise für eine Einschränkung ausreichen, wenn das Kind durch den Umgangsberechtigten in fortdauernder Weise gegenüber dem anderen Elternteil negativ beeinflusst wird oder durch den Umgang versucht wird das Kind so zu beeinflussen, dass das Sorgerecht übertragen wird.
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